Baum durchwaltet, nicht selber ein Baum ist, der sich J e mehr wir uns der Gefahr nahern, urn so heller beginnen die. W eg eins Rettende zu leuchten,
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MARTIN HEIDEGGER DIE FRAGE NACH DER TECHNIK I m folgenden fragen wir nach der Technik. Das Fragen baut an einem Weg. Darum ist es ratsam, vor allem auf den Weg zu achten und nicht an einzelnen Satzen und Titeln hangenzubleiben. Der Weg ist ein Weg des Denkens. Aile Denkwege fuhren, mehr oder weniger nehmbar, auf eine ungewohnliche Weise durch die Sprache. Wir fragen nach der Technik und mochten dadurch eine freie Beziehung zu ihr vorbereiten. Frei ist die Beziehung, wenn sie unser Dasein dem Wesen der Technik offnet. Entsprechen wir diesem, dann vermogen wir es, das nische in seiner Begrenzung zu erfahren. Die Technik ist nicht das Gleiche wie das Wesen der Technik. Wenn wir das Wesen des Baumes suchen, sen wir gewahr werden, daB Jenes, was jeden Baum als Baum durchwaltet, nicht selber ein Baum ist, der sich zwischen den ubrigen Baumen antreffen la.Bt. So ist denn auch das Wesen der Technik ganz und gar nichts Technisches. Wir erfahren darum niemals unsere Beziehung zum Wesen der Technik, solange wir our das Technische vorstellen und betreiben, uns damit abfinden oder ihm ausweichen. Vberall bleiben wir unfrei an die Technik gekettet, ob wir sie leidenschaftlich bejahen oder verneinen. Am argsten sind wir jedoch der Technik geliefert, wenn wir sie als etwas Neutrales betrachten; denn diese V orstellung, der man heute besonders gern huldigt, macht uns vollends blind gegen das W esen der Technik. Als das Wesen von etwas gilt nach alter Lehre jenes, was etwas ist. Wir fragen nach der Technik, wenn wir fragen, was sie sei. Jedermann kennt die heiden Aussagen, die unsere Frage beantworten. Die eine sagt: Technik ist ein Mittel fur Zwecke. Die andere sagt: Technik ist ein Tun des Menschen. Beide Bestimmungen der Technik gehoren zusammen. Denn Zwecke setzen, die Mittel fur beschaffen und benutzen, ist ein menschliches Tun. Zu dem, was die Technik ist, gehort das Verfertigen und Benutzen von Zeug, Gerat und Maschinen, gehort dieses V erfertigte und Benutzte selbst, gehoren die Bedurfnisse und Zwecke denen sie dienen. Das Ganze dieser Ein-, richtungen ist die Technik. Sie selber ist eine Einrichtung, lateinisch gesagt: ein instrumentum. Die gangige Vorstellung von der Technik, wonach sie ein Mittel ist und ein menschliches Tun, kann deshalb
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die instrumentale und anthropologische Bestimmung der Technik heillen. W er wollte leugnen, daB sie richtig sei? Sie richtet sich offenkundig nach dem, was man vor Augen hat, wenn man von Technik spricht. Die instrumentale Bestimmung der Technik ist sogar so unheimlich richtig, daB sie auch noch fur die moderne Technik zutrifft, von der man sonst mit einem gewissen Recht behauptet, sie sei iiber der alteren, handwerklichen Technik etwas durchaus Anderes und darum Neues. Auch das Kraftwerk ist mit seinen Turbinen und Generatoren ein von Menschen fertigtes Mittel zu einem von Menschen gesetzten Z week. Auch das Raketenflugzeug, auch die schine sind Mittel zu Zwecken. Natiirlich ist eine station weniger einfach als eine Wetterfahne. Natiirlich bedarf die V erfertigung einer Hochfrequenzmaschine des einandergreifens verschiedener Arbeitsgange der industriellen Produktion. Natiirlich ist eine Sagemiihle in einem verlorenen Schwarzwaldtal ein primitives Mittel im Vergleich zum Wasserkraftwerk im Rheinstrom. Es bleibt richtig: auch die moderne Technik ist ein tel zu Zwecken. Darum bestimmt die instrumentale stellung von der Technik jede Bemiihung, den Menschen in den rechten Bezug zur Technik zu bringen. Alles liegt daran, die Technik als Mittel in der gemaBen Weise zu handhaben. Man will, wie es heillt, die Technik ,geistig in die Hand bekommen”. Man will sie meistern. Das Meistern-wollen wird urn so dringlicher, je mehr die Technik der Herrschaft des Menschen zu entgleiten droht. Gesetzt nun aber, die Technik sei kein bloBes Mittel, steht es dann mit dem Willen, sie zu meistern? Alle1n wir sagten doch, die instrument.ale der nik sei richtig. GewiB. Das Rtchuge stellt an dem, jedesmal irgend etwas fest. Dte Feststellung braucht jedoch, urn nchug zu se1n, das liegende keineswegs in seinem Wesen zu Nur dort wo solches Enthiillen geschieht, ereignet stch das Wahre. Darum ist das bloB Richtige noch nicht das Wahre. Erst dieses bringt uns in ein freies Verhaltnis zu dem, was uns aus seinem Wesen her angeht. Die richtige mentale Bestimmung der Technik zeigt uns demna.ch noch nicht ihr Wesen. Damit wir zu diesem oder stens in seine Nahe gelangen, miissen wir durch das tige hindurch das Wahre suchen. was ist das Instrumentale selbst? Wohin gehort chen wie ein Mittel und ein Zweck? Ein Mittel ist ches wodurch etwas bewirkt und so erreicht wird. Was eine’ Wirkung zur Folge hat, nennt man Ursac?e. D?ch nicht nur jenes, mittels dessen ein anderes wtrd, ist Ursache. Auch der Zweck, demgemaB dte Art der Mittel sich bestimmt, gilt als Ursache. Wo Zwecke folgt, Mittel verwendet werden, wo das lnstrumentale herrscht da waltet Ursachlichkeit, Kausalitat. Seit J ahrhunderten lehrt die Philosophic, gabe vier Ursachen: 1. die causa materialis, das Matenal, der Stoff, woraus z. B. eine silberne Schale verfertigt wird; 2. die causa formalis, die Form, die Gestalt, in die das Material eingeht; 3· die causa finalis, der Zweck, z. B. der Opfer-73
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dienst, durch den die benotigte Schale nach Form und Stoff bestimmt wird; 4· die causa efficiens, die den Effekt, die fertige wirkliche Schale erwirkt, der Silberschmied. Was die Technik, als Mittel vorgestellt, ist, enthiillt sich, wenn wir das Instrumentale auf die vierfache Kausalitat zuriickfiihren. Wie aber, wenn sich die Kausalitat ihrerseits in dem, was sie ist, ins Dunkel hiillt? Zwar tut man seit ten so, als sei die Lehre von den vier Ursachen wie eine sonnenklare Wahrheit vom Himmel gefallen. Indessen diirfte es an der Zeit sein zu fragen: weshalb gibt es gerade vier Ursachen? Was heiBt in Bezug auf die nannten vier eigentlich ,Ursache”? Woher bestimmt sich der Vrsachecharakter der vier Ursachen so einheitlich ‘ daB sie zusammengehoren? Solange wit uns auf diese Fragen nicht einlassen, bleibt die Kausalitat und mit ihr das Instrumentale und mit diesem die gangige Bestimmung der Technik dunkel und grundlos. Man pflegt seit langem die Ursache als das Bewirkende vorzustellen. Wirken heiBt dabei: Erzielen von Erfolgen, Effekten. Die causa efficiens, die eine der vier Ursachen, bestimmt in maBgebender Weise alle Kausalitat. Das geht so weit, daB man die causa finalis, die Finalitat, iiberhaupt nicht mehr zur Kausalitat rechnet. Causa hort zum Zeitwort cadere, fallen und bedeutet dasjenige, was bewirkt, daB etwas im Erfolg so oder so ausfallt. Die Lehre von den vier Ursachen geht auf Aristoteles zuriick. Im Bereich des griechischen Denkens und fur 74 dieses hat jedoch alles, was die nachkommenden alter bei den Griechen unter der Vorstellung und dem Titel ,Kausalitat” suchen, schlechthin nichts mit dem Wirken und Bewirken zu tun. Was wir Ursache, die Romer causa nennen, heiBt bei den Griechen ahtov, das, was ein anderes verschuldet. Die vier Ursachen sind die unter sich zusammengehorigen Weisen des V erschuldens. Ein Beispiel kann dies erlautern. Das Silber ist das, woraus die Silberschale verfertigt ist. Es ist als dieser Stoff (vAT\) mitschuld an der Schale. Diese schuldet, d. h. verdankt dem Silber das, woraus sie besteht. Aber das Opfergerat bleibt nicht nur an das Silber verschuldet. Als Schale erscheint das an das Silber V erschuldete im Aussehen von Schale und nicht in demjenigen von Spange oder Ring. Das Opfergerat ist so zugleich an das Aussehen (eloos) von haftem verschuldet. Das Silber, worein das Aussehen als Schale eingelassen ist, das Aussehen, worin das Silberne erscheint, sind beide auf ihre Weise mitschuld am Opfergerat. Schuld an ihm bleibt jedoch vor allem ein Drittes. Es ist jenes, was zum voraus die Schale in den Bereich der Weihe und des Spendens eingrenzt. Dadurch wird sie als Opfergerat umgrenzt. Das Umgrenzende beendet das Ding. Mit diesem Ende hort das Ding nicht auf, sondern aus ihm her beginnt es als das, was es nach der Herstellung sein wird. Das Beendende, V ollendende in diesem Sinne heiBt griechisch TE!.os, was man allzuhaufig durch ,Ziel” und ,,Zweck” iibersetzt und so miBdeutet. Das T£Aos 75
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verschuldet, was als Stoff und was als Aussehen das fergerat mitverschuldet. SchlieBlich ist ein Viertes mitschuld am Vor-und liegen des fertigen Opfergerates: der Silberschmied; aber keineswegs dadurch, das er wirkend die fertige schale als den Effekt eines Machens bewirkt, nicht als causa effidens. Die Lehre des Aristoteles kennt weder die mit diesem Titel genannte Ursache, noch gebraucht sie einen sprechenden griechischen Namen. Der Silberschmied uberlegt sich und versammelt die drei genannten Weisen des Verschuldens. Dberlegen heillt griechisch AEyEIV, A6yos. Es beruht im &nocpcxlvecrecx,, zum Vorschein bringen. Der Silberschmied ist schuld als das, von wo her das V orbringen und das Aufsichberuhen der Opferschale ihren ersten Ausgang nehmen und behalten. Die drei zuvor genannten Weisen des Verschuldens verdanken der Dberlegung des schmieds, daB sie und wie sie fur das Hervorbringen der Opferschale zum Vorschein und ins Spiel kommen. In dem vor-und bereitliegenden Opfergerat walten mit vier Weisen des Verschuldens. Sie sind unter sich schieden und gehoren doch zusammen. Was einigt sie im voraus? Worin spielt das Zusammenspiel der vier Weisen des Verschuldens? \Voher stamrot die Einheit der vier Ursachen? Was meint denn, griechisch gedacht, dieses V erschulden ? Wir Heutigen sind zu leicht geneigt, das Verschulden weder moralisch als Verfehlung zu verstehen oder aber als eine Art des Wirkens zu deuten. In heiden Fallen sperren wir uns den Weg zum su:n dessen, was man spater Kausalitat nennt. Solange s1ch d1eser Weg nicht offnet, erblicken wir auch nicht, was das mentale, das im Kausalen beruht, eigentlich ist. Urn uns vor den genannten Milldeutungen des schuldens zu schutzen, verdeutlichen wir seine vier sen aus dem her, was sie verschulden. Nach dem spiel verschulden sie das Vor-und Bereitliegen der berschale als Opfergerat. Vorliegen und Bereitliegen Keicr6cxl) kennzeichen das Anwesen eines Anwesenden. Die vier Weisen des Verschuldens bringen etwas ins scheinen. Sie lassen es in das An-wesen vorkommen. Sie lassen es dahin los und lassen es so an, namlich in seine vollendete Ankunft. Das V erschulden hat den Grundzug dieses An-lassens in die Ankunft. Im Sinne solchen lassens ist das Verschulden das Ver-an-lassen. Aus dem Blick auf das, was die Griechen im Verschulden, in der cxhlcx erfuhren geben wir dem Wort ,ver-an-lassen” , ‘ jetzt einen weiteren Sinn, so daB dieses Wort das ‘Y’ esen der griechisch gedachten Kausalitat benennt. Dte Hi.ufige und engere Bedeutung des Wortes sung” besagt dagegen nur soviel wie AnstoB und lOsung und meint eine Art von Nebenursache im Ganzen der Kausalitat. Worin spielt nun aber das Zusammenspiel der vier sen des Ver-an-lassens? Sie lassen das noch nicht wesende ins Anwesen ankommen. Demnach sind sie heitlich durchwaltet von einem Bringen, das Anwesen-77
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Welchen Wesens ist die moderne Technik, daB sie darauf verfallen kann, die exakte Naturwissenschaft zu den? Was ist die moderne Technik? Auch sie ist ein gen. Erst wenn wir den Blick auf diesem Grundzug ben lassen, zeigt sich uns das Neuartige der modernen Technik. Das Entbergen, das die moderne Technik durchherrscht, entfaltet sich nun aber nicht in ein Her-vor-bringen im Sinne der 1TOIT)crts. Das in der modernen Technik waltende Entbergen ist ein Herausfordern, das an die Natur das Ansinnen stellt, Energie zu liefern, die als solche gefordert und gespeichert werden kann. Gilt dies aber nicht auch von der alten Windmuhle? Nein. Ihre Fliigel drehen sich zwar im Winde. Seinem Wehen bleiben sie unmittelbar anheimgegeben. Die Windmuhle erschlieBt aber nicht Energien der Luftstromung, urn sie zu chern. Ein Landstrich wird dagegen in die Forderung von Kohle und Erzen herausgefordert. Das Erdreich entbirgt sich jetzt als Kohlenrevier, der Boden als Erzlagerstatte. ders erscheint das Feld, das der Bauer vormals bestellte, wobei bestellen noch hieB: hegen und pflegen. Das bauerliche Tun fordert den Ackerboden nicht heraus. Im Saen des Korns gibt es die Saat den Wachstumskraften anheim und hutet ihr Gedeihen. Inzwischen ist auch die Feldbestellung in den Sog eines anders gearteten lens geraten, das die Natur steflt. Es stellt sie im Sinne der Herausforderung. Ackerbau ist jetzt motorisierte Ernah-82 rungsindustrie. Die Luft wird auf die Abgabe von steff hin . . . gestellt, der Boden auf Erze, das Erz z. B. auf Uran, dieses auf Atomenergie, die zur Zerstorung oder friedlichen Nutzung entbunden werden kann. Das Stellen, das die Naturenergien herausfordert, ist ein Fordern in einem doppelten Sinne. Es fordert, indem es erschlieBt und herausstellt. Dieses Fordern bleibt jedoch im voraus darauf abgestellt, anderes zu fordern, d. h. warts zu treiben in die groBtmogliche Nutzung bei stem Aufwand. Die im Kohlenrevier geforderte Kohle wird nicht gestellt, damit sie nur uberhaupt und wo vorhanden sei. Sie lagert, d. h. sie ist zur Stelle fur die Bestellung der in ihr gespeicherten Sonnenwarme. Diese wird herausgefordert auf Hitze, die bestellt ist, Dampf zu liefern, dessen Druck das Getriebe treibt, durch eine Fabrik im Betrieb bleibt. Das Wasserkraftwerk ist in den Rheinstrom gestellt. Es stellt ihn auf seinen Wasserdruck, der die Turbinen aufhin. stellt, si:h zu drehen, welche Drehung diejenige Maschine umtretbt, deren Getriebe den elektrischen Strom herstellt, fur den die Dberlandzentrale und ihr netz zur Strombeforderung bestellt sind. Im Bereich dieser Folgen der Bestellung elektrischer Energ1e erschemt auch der Rheinstrom als etwas tes. Das. ist nicht in den Rheinstrom baut die alte Holzbriicke, die seit Jahrhunderten Ufer mtt Ufer verbindet. Vielmehr ist der Strom in das verbaut. Er ist, was er jetzt als Strom ist, namhch Wasserdrucklieferant, aus dem Wesen des Kraft-8;
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werks. Achten wir doch, um das Ungeheuere, das hier auch nur entfernt zu ermessen, fur einen bltck auf den Gegensatz, der sich in den heiden Titeln ausspricht: ,Der Rhein”, verbaut in das Kraftwerk und ,Der Rhein”, gesagt aus dem Kunstwerk der gen Hymne Holderlins. Aber der Rhein bleibt doch, wird entgegnen, Strom der Landschaft. Mag sein, aber wte? Nicht anders denn als bestellbares Objekt der sichtigung durch eine Reisegesellschaft, die eine industrie dorthin bestellt hat. Das Entbergen, das die moderne Technik durchherrscht hat den Charakter des Stellens im Sinne der Herausfor: derung. Sie geschieht dadurch, daB die in der Natur borgene Energie aufgeschlossen, das Erschlossene geformt, das Umgeformte gespeichert, das Gespeicherte wieder verteilt und das V erteilte erneut umgeschaltet wird. ErschlieBen, umformen, speichern, verteilen, schalten sind Weisen des Entbergens. Dieses lauft jedoch nicht einfach ab. Es verlauft sich auch nicht ins Das Entbergen entbirgt ihm selber seine nen vtelfach verzahnten Bahnen dadurch, daB es sie ert. Die Steuerung selbst wird ihrerseits uberall gesichert. Steuerung und Sicherung werden sogar die Hauptzuge des herausfordernden Entbergens. Welche Art von Unverborgenheit eignet nun dem, was durch das herausfordernde Stellen zustande kommt? Dberall ist es bestellt, auf der Stelle zur Stelle zu stehen und zwar zu stehen, urn selbst bestellbar zu sein fur ein weiteres Bestellen. Das so Bestellte hat seinen eigenen Stand. Wir nennen ihn den Bestand. Das Wort sagt hier mehr und Wesentlicheres als nur , V orrat”. Das Wort ,Bestand” riickt jetzt in den Rang eines Titels. Er zeichnet nichts Geringeres als die Weise, wie alles anwest, was vom herausfordernden Entbergen betroffen wird. Was im Sinne des Bestandes steht, steht uns nicht mehr als Gegenstand gegenuber. Aber ein Verkehrsflugzeug, das auf der Startbahn steht, ist doch ein Gegenstand. Gewill. Wir konnen die Maschine so vorstellen. Aber dann verbirgt sie sich in dem, was und wie sie ist. Entborgen steht sie auf der Rollbahn nur als Bestand, insofern sie bestellt ist, die Moglichkeit des Transports sicherzustellen. Hierfur muB sie selbst in ihrem ganzen Bau, in jedem ihrer Bestandteile fahig, d. h. startbereit sein. (Hier ware der Ort, Hegels Bestimmung der Maschine als eines selbstandigen zeugs zu erortern. Vom Werkzeug des Handwerks her gesehen, ist seine Kennzeichnung richtig. Allein so ist die Maschine gerade nicht aus dem Wesen der Technik gedacht, in die sie gehort. Vom Bestand her gesehen, ist die Maschine schlechthin unselbstandig, denn sie hat ihren Stand einzig aus dem Bestellen von barem.) DaB sich uns jetzt, wo wir versuchen, die moderne nik als das herausfordernde Entbergen zu zeigen, die Worter ,stellen”, ,bestellen”, ,Bestand” aufdrangen und sich in einer trockenen, einformigen und darum lastigen Weise haufen, hat seinen Grund in dem, was zur Sprache kommt.
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Wer vollzieht das herausfordernde Stellen, wodurch das ‘ was man das Wirkliche nennt, als Bestand entborgen wird? Offenbar der Mensch. Inwiefern vermag er solches bergen? Der Mensch kann zwar dieses oder jenes so oder so vorstellen, gestalten und betreiben. Allein tiber die Unverborgenheit, worin sich jeweils das Wirkliche zeigt oder entzieht, verfugt der Mensch nicht. DaB sich seit Platon das Wirkliche im Lichte von Ideen zeigt, hat nicht Platon gemacht. Der Denker hat nur dem chen, was sich ihm zusprach. Nur insofern der Mensch seinerseits schon dert ist, die Naturenergien herauszufordern, kann diescs bestellende Entbergen geschehen. Wenn der Mensch zu herausgefordert, bestellt ist, gehort dann nicht auch der Mensch, ursprunglicher noch als die Natur, in den Bestand? Die umlaufende Rede vom Menschenmaterial, vom kenmaterial einer Klinik spricht dafur. Der Forstwart, der im Wald das geschlagene Holz vermiBt und dem schein nach wie sein GroBvater in der gleichen Weise die selben Waldwege begeht, ist heute von der tungsindustrie bestellt, ob er es weill oder nicht. Er ist in die Bestellbarkeit von Zellulose bestellt, die ihrerseits durch den Bedarf an Papier herausgefordert ist, das den Zeitungen und illustrierten Magazinen zugestellt wird. Diese aber stellen die offentliche Meinung daraufhin, das druckte zu verschlingen, urn fur eine bestellte herrichtung bestellbar zu werden. Doch gerade weil der Mensch urspriinglicher als die Naturenergien fordert ist, namlich in das Bestellen, wird er niemals zu 86 . bloBen Bestand. Indem der Mensch die Technik e1nem . W · d E t ‘bt nimmt er am Bestellen als emer e1se es n – bette! ‘ · · h lb t il Allein die Unverborgenhe1t selbst, !llllet a bergens e · . . . · h das Bestellen entfaltet 1st ruemals em mensch-deren sic . ‘ . liches Gemachte, so wenig wle der Bereich, der jederzeit schon. durchgeht, wenn er als SubJekt s1ch auf ein Objekt bez1eht. . Wound wie geschieht das Entbergen, wenn es.kein bl?Bes Gemachte des Menschen ist? Wir brauchen rucht welt zu suchen. Notig ist nur, unvoreingenommen Jenes zu nehmen, was den Menschen immer schon in Anspruch genommen hat und daB er nur . als der so Angesprochene JCWeils Mensch sem kann. mer der Mensch sein Auge und Ohr offnet, sem Herz aufschlieBt, sich in das Sinnen und Trachten, und Werken, Bitten und Danken freigibt, findet er s1ch all schon ins Unverborgene gebracht. Dessen genheit hat sich schon ereignet, so oft sie den Menschen in die ihm zugemessenen W eisen des Entbergens hervorruft. Wenn der Mensch auf seine Weise innerhalb der borgenheit das Anwesende entbirgt, dann entspricht er nur dem Zuspruch der Unverborgenheit, selbst dort, wo er ihm widerspricht. Wenn also der Mensch forschend betrachtend der Natur als einem Bezirk seines ‘ . Vorstellens nachstellt, dann ist er bereits von einer We1se der Entbergung beansprucht, die ihn herausfordert, die Natur als einen Gegenstand der Forschung anzugehen, his auch der Gegenstand in das Gegenstandlose des standes verschwindet.
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So ist denn die moderne Technik als das bestellende Entbergen kein bloB menschliches Tun. Darum mussen wir auch jenes Herausfordern, das den Menschen stellt ‘ das Wirkliche als Bestand zu bestellen, so nehmen, wie es sich zeigt. Jenes Herausfordern versammelt den Menschen in das Bestellen. Dieses Versammelnde konzentriert den Menschen darauf, das Wirkliche als Bestand zu bestellen. Was die Berge urspriinglich zu Bergzugen entfaltet und sie in ihrem gefalteten Beisammen durchzieht, ist das sammelnde, das wir Gebirg nennen. Wir nennen jenes ursprunglich Versammelnde, daraus sich die Weisen entfalten, nach denen uns so und so mute ist, das Gemut. Wir nennen jetzt jenen herausfordernden Anspruch, der den Menschen dahin versammelt, das Sichentbergende als Bestand zu bestellen -das Ge-stell. Wir wagen es, dieses Wort in einem bisher vollig wohnten Sinne zu gebrauchen. Nach der gewohnlichen Bedeutung meint das Wort stell” ein Gerat, z. B. ein Buchergestell. Gestell heiBt auch ein Knochengerippe. Und so schaurig wie dieses scheint die uns jetzt zugemutete Verwendung des Wortes ,Gestell” zu sein, ganz zu schweigen von der Willkur, mit der so Worter der gewachsenen Sprache millhandelt den. Kann man das Absonderliche noch welter treiben? GewiB nicht. Allein dieses Absonderliche ist alter Brauch des Denkens. Und zwar fugen sich ihm die Denker rade dort, wo es das Hochste zu denken gilt. Wir geborenen sind nicht mehr imstande zu ermessen, was 88 es heillt, daB Platon es wagt, fur das, was in allem und dem west, das Wort ISE<:x zu gebrauchen. Denn iSE<:x deutet in der alltaglichen Sprache die Ansicht, die ein sichtbares Ding unserem sinnlichen Auge darbietet. ton mutet jedoch diesem Wort das ganz Ungewohnliche zu, J enes zu benennen, was gerade nicht und niemals mit sinnlichen Augen vernehmbar wird. Aber auch so ist des Ungewohnlichen noch keineswegs genug. Denn ISE<:x nennt nicht nur das nichtsinnlicheAussehen des sinnlich Sichtbaren. Aussehen, ISE<:x, heillt und ist auch, was im Horbaren, Tastbaren, Fuhlbaren, in jeglichem, was wie zuganglich ist, das Wesen ausmacht. Gegenuber dem, was Platon der Sprache und dem Denken in diesem und anderen Fallen zumutet, ist der jetzt gewagte Gebrauch des Wortes Gestell" als Name fur das Wesen der modernen " Technik beinahe harmlos. Indessen bleibt der jetzt verlangte Sprachgebrauch eine Zumutung und millverstandlich. Ge-stell heillt das Versammelnde jenes Stellens, das den Menschen stellt, d. h. herausfordert, das Wirkliche in der Weise des Bestellens als Bestand zu entbergen. Ge-stell heillt die Weise des Entbergens, die im W esen der dernen Technik waltet und selber nichts Technisches ist. Zum Technischen gehort dagegen alles, was wir als stange und Geschiebe und Geriiste kennen und stuck dessen ist, was man Montage nennt. Diese fallt doch samt den genannten Bestandstucken in den Bezirk der technischen Arbeit, die stets nur der Herausforderung des Ge-stells entspricht, aber niemals dieses selbst macht oder gar bewirkt.
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