pdf. Grantham Research Institute (2014): Purdon, M. Ex-post Evaluation of the Additionality of a Clean. Development Mechanism Cogeneration Project
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Öko -Institut e.V. Factsheet Fliegen und das Klima Œ Kompensieren November 2020 www.oeko.de Factsheet 4: Kompensieren Copyright: fStopImages/Malte Müller Fliegen und trotzdem ein gutes (Klima -)Gewissen haben? Immer mehr Fluggesellschaften und Reisende setzen darauf, die Klimawirkung ihrer Flüge zu kompensieren. Bei der Kompensation Œ oder auch dem Carbon Offsetting Œ wird die Klimawirkung von Flügen durch Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion von anderen Akteurinnen und Akteuren ausgeglichen, zum Beispiel durch erneuerbare Energien. Doch wie funktioniert Kompensation überhaupt? (siehe Kapitel 1) Wie sinnvoll ist Klimakompensation? (siehe Kapitel 2) Wird dadurc h die Klimawirkung des Fliegens tatsächlich ausgeglichen? Welche Kompensationszertifikate sind gut? (siehe Kapitel 3) Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Kompensation von Treibhausgasemissionen und stellen das neuere Konzept der —Klimaverantwortungfi vor (siehe Kapitel 4) und geben praktische Hinweise für die Kompensation (siehe Kapitel 5).

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2/14 Inhaltsverzeichnis 1 WIE FUNKTIONIERT KOMPENSATION? 3 2 IST KOMPENSATION SINNVOLL? 4 3 EINE FRAGE DER QUALITÄT 5 4 VON DER KLIMAKOMPENSATION ZUR fiKLIMAVERANTWORTUNGfl? 8 5 PRAKTISCHE SCHRITTE UND EMPFEHLUNGEN ZUR KLIMAKOMPENSATION UND KLIMAVERANTWORTUNG 9 6 LITERATURVERZEICHNIS UND LINKS ZU WEITERFÜHRENDEN INFORMATIONEN 13

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3/14 1 WIE FUNKTIONIERT KOMPENSATION? Abbildung 1: Klimakompensation und Klimaverantwortung Quelle: Öko -Institut 2020 Die Klimakompensation sollte immer der letzte Schritt für mehr Klimaschutz im Luftverkehr sein Œ Vorrang sollte es stets haben, Flüge möglichst zu vermeiden. Wenn ein Flug jedoch nicht vermeidbar und die Entscheidung für eine Kompensation gefallen ist, muss zunächst die Klimawirkung des Flugs quantifiziert werden. Hierfür gibt es verschiedene Online -Rechner (siehe Kapitel 5). Die so berechneten Emissionen werde n dann mit sogenannten Kompensationszertifikaten ausgeglichen, die bei verschiedenen Organisationen erworben werden können. Im Prinzip kommen zwei Arten von Zertifikaten in Frage: 1. Zertifikate aus Klimaschutzprojekten Mit den Einnahmen aus dem Verkauf der K ompensationszertifikate wird ein konkretes Klimaschutzprojekt finanziert und umgesetzt. Hierfür müssen sich Klimaschutzprojekte zunächst bei Kompensationsprogrammen registrieren. Diese legen die Anforderungen an Klimaschutzprojekte und die Ausgabe von Zert ifikaten fest. Ob ein Projekt die Anforderungen des Kompensationsprogramms erfüllt, wird durch unabhängige Sachverständige geprüft. Nach erfolgreicher Prüfung und Registrierung müssen die Emissionsminderungen nach festgelegten Methoden gemessen und berechn et werden. Für jede eingesparte Tonne CO 2 wird dann ein Zertifikat ausgegeben. Kompensationszertifikate können in elektronischen Registern gehandelt und an Zwischenhändlerinnen und -händler oder Endkunden und -kundinnen verkauft werden. Mit der Nutzung der Kompensationszertifikate werden diese im Register gelöscht. Es gibt eine große

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4/14 Vielzahl an Klimaschutzprojekten, Kompensationsprogrammen und Zertifikate -Anbietern. Die Eigenschaften der Zertifikate und ihre tatsächliche Klimawirkung können sich beträchtli ch unterscheiden (siehe Kapitel 3). Abbildung 2: Kompensation über Zertifikate aus Klimaschutzprojekten Quelle: https://www.baeren -waerme.de/wp -content/uploads/2018/12/Heizoel -ProKlima -Prinzip -Kompensation.jpg 2. Zertifikate aus Emissionshandelssystemen Hier wird für eine Gruppe von Emittenten ein maximaler Gesamtausstoß an Treibhausgasen festgelegt. Für jede erlaubte Tonne CO 2 wird ein Zertifikat ausgegeben. Die Emittierenden bekommen Zertifikate zugeteilt oder müssen diese vom Staat erwerben und für jede To nne ihres Treibhausgasausstoßes ein Zertifikat nachweisen. Emissionshandelssysteme sollen Klimaziele möglichst kosteneffizient erreichen. Denn wer Treibhausgase kostengünstiger vermeiden kann, kann die Emissionen stärker reduzieren und überschüssige Zertif ikate an andere verkaufen, für die die Emissionseinsparung höhere Kosten hätte. Emissionshandelssysteme wurden ursprünglich nicht für die freiwillige Kompensation konzipiert, doch im Prinzip können Institutionen und Privatpersonen Zertifikate kaufen und an schließend löschen (z.B. über den Anbieter The Compensators ). Hierdurch wird das Angebot an Zertifikaten verknappt und somit auch der Gesamtausstoß verringert. Denn: Der Kauf dieser Zertifikate erhöht indirekt das Klimaziel des Emissionshandelssystems. In der Praxis gibt es auch hier jedoch einiges zu beachten, denn eine Klimawirkung wird nur erzielt, wenn der erlaubte Gesamtausstoß der Emittenten nicht zu hoch angesetzt ist. Außerdem haben manche Emissionshande lssysteme Instrumente zur Stabilisierung der Zertifikatspreise. Diese können unter Umständen dazu führen, dass die Löschung eines Zertifikats den maximalen Gesamtausstoß nur um weniger als eine Tonne CO 2 reduziert. 2 IST KOMPENSATION SINNVOLL? Kompensation k ann ein sinnvoller Klimaschutzbeitrag sein, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Grundsätzlich gilt: Vermeiden ist besser als Kompensieren. Gar nicht erst ins Flugzeug zu steigen ist besser für das Klima als Kompensationszertifikate zu kaufen. Hierfür gibt es mehrere Gründe: 1. Kompensation ist keine langfristige Lösung: Grundsätzlich ist Kompensation nur eine kurz – oder mittelfristige Maßnahme, um Fliegen weniger klimaschädlich zu gestalten. Sie ändert nichts daran, dass die Flugzeuge weiterhin klimaschädliche Emissionen ausstoßen. Um die Klimaziele des Pariser Übereinkom mens zu erreichen, müssen die globalen Treibhausgasemissionen in den nächsten Jahrzehnten auf Netto -Null verringert werden. Dies bedeutet, dass jede

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5/14 vermeidbare Emission auch wirklich vermieden werden muss. Verbliebene Emissionen müssen durch die Aufnahme von CO 2 aus der Atmosphäre, wie zum Beispiel durch Wälder, ausgeglichen werden. Hier gibt es aber nur ein begrenztes Potenzial, mit dem auch Emissionen aus Sektoren wie der Landwirtschaft ausgeglichen werden müssen, wo eine vollständige Vermeidung von Trei bhausgasen gar nicht möglich ist. Um die Klimawirkung des Fliegens langfristig in den Griff zu bekommen, ist deshalb eine langfristige Transformation des Sektors zu klimaneutralen Kraftstoffen und zur Elektromobilität notwendig (siehe Factsheet 5). Um dies e Transformation rechtzeitig anzustoßen, sollten schon heute entsprechende (politische) Maßnahmen ergriffen werden Œ auch wenn diese kurzfristig teurer sind als die Kompensation. 2. Klimawirkung von Kompensationszertifikaten: Es gibt erhebliche Unsicherheiten, inwieweit der Kauf eines Kompensationszertifikats tatsächlich zu einer Minderung von einer Tonne CO 2 an anderer Stelle führt (siehe Kapitel 3). Wird weniger geflogen, sind die positiven Klimawirkungen hingegen sicher. 3. Rebound -Effekte: Wenn der Emissionsausgleich über den Zertifikatekauf dazu führt, dass mehr geflogen wird, kann die Kompensation sogar schädlich sein. Die Wissenschaft spricht hier von —Rebound -Effektenfi. Manche Reise würde vielleicht gar nicht angetreten oder mit einem umweltf reundlicheren Verkehrsmittel durchgeführt, wenn die Kompensationsmöglichkeit nicht bestünde. Die Aussicht, mittels Kompensation —klimaneutralfi fliegen zu können, dürfte bei manchen Flugbuchungen eine Rolle spielen. Wird deshalb mehr geflogen als ohne die Möglichkeit, die Flugemissionen zu auszugleichen, verfehlt Kompensation ihr Ziel. Die Kompensation sollte daher immer nur die letzte Lösung sein. Aber: Wenn ein Flug unvermeidbar ist, ist es auf jeden Fall besser, ihn zu kompensieren , als es nicht zu tun. 3 EINE FRAGE DER QUALITÄT Was ist ein hochwertiges Kompensationszertifikat? Auf diese Frage gibt es keine einfache Antwort. Denn für die —Qualitätfi von Zertifikaten spielen viele Faktoren eine Rolle. Welche Aspekte wichtig sind, hängt auch von den Prioritäten derjenigen ab, die Zertifikate kaufen. Manche Käuferinnen und Käufer legen zum Beispiel viel Wert darauf, dass Klimaschutzprojekte einen hohen sozialen Nutzen haben, anderen geht es ausschließlich um die Klimawirkung. Das Öko -Institut hat in Zusammenarbei t mit zwei Nichtregierungsorganisationen Œ dem Worldwide Wildlife Fund (WWF) und dem Environmental Defense Fund (EDF) Œ Kriterien dafür entwickelt, was ein ho chwertiges Kompensationszertifikat ausmacht. Danach sind für die Qualität von Zertifikaten aus Klimaschutzprojekten vor allem folgende Aspekte wichtig: Zusätzlichkeit: Hierunter wird verstanden, dass das Projekt erst durch die Erlöse aus den Kompensationsz ertifikaten ermöglicht und nicht ohnehin umgesetzt wird. Denn wenn ein Projekt ohnehin umgesetzt wird, führt es zu keinem zusätzlichen Klimaschutz und kann daher auch keine Emissionen ausgleichen. Ob ein Projekt wirklich zusätzlich ist, ist nicht immer ein fach zu prüfen. Entscheidend ist, ob das Projekt bereits ohne Zertifikate wirtschaftlich ist und deswegen auch ohne weiteren finanziellen Anreiz durch die Kompensationszertifikate durchgeführt würde, oder ob es bereits aufgrund von bestehenden politischen Instrumenten wie Förderprogrammen umgesetzt wird. Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass die Zusätzlichkeit vieler Klimaschutzprojekte fraglich ist. Es gibt aber auch Projekte, für die eine Zusätzlichkeit sehr wahrscheinlich ist (Öko -Institut 201 6; Schneider 2009; Dechezleprêtre et al. 2014; Grantham

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6/14 Research Institute 2014; Barata 2016; Michaelowa et al. 2019; Gillenwater 2012; Wuppertal Institut 2018; Greiner und Michaelowa 2003; Haya und Parekh 2011) . Altprojekte: Unter dem größten Kompensationsprogramm Œ dem Clean Development Mechanism (CDM) des Kyoto -Protokolls Œ gibt es einen sehr großen Überhang an Zertifikaten aus Altprojekten, dem nur eine vergleichsweise geringe Nachfrage gegenübersteht. Der Überhang ist so groß, dass die Zertifikate zu sehr niedrigen Preisen verkauft werden. In den meisten Fällen laufen die Klimaschutzprojekte aber weiter, ganz gleich ob sie ihre Zertifikate noch verkaufen können. Dies liegt daran, dass die Projekte oft andere Einnahmen verzeichnen Œ so zum Beispiel aus der Einspeisung von Strom aus Windkraftanlagen Œ und ein weiterer Betrieb dadurch wirtschaftlicher i st als ihre Stilllegung. Der Kauf von Zertifikaten aus solchen CDM -Projekten führt deshalb nicht zu mehr Klimaschutz und wird daher nicht empfohlen. Einige CDM -Projekte sind jedoch auf laufende Erlöse aus Zertifikaten angewiesen. Das betrifft zum Beispiel die Vermeidung von Lachgas aus der Salpetersäureproduktion oder der Einsatz von effizienteren Herden zum Kochen mit Holz. Diese Projekte sind unterstützenswert (Warnecke et al. 2019; NewClimate Institute; Öko -Institut 2017; Schneider und Cames 2014) . Quant ifizierung der Emissionsminderungen: Damit hinter jedem Kompensationszertifikat auch eine vermiedene Tonne CO 2 steckt, ist es wichtig, dass die Emissionsminderungen nicht überschätzt werden. Diese müssen vorsichtig abgeschätzt werden, denn bei der Quantifi zierung gibt es erhebliche Unsicherheiten. Eine besondere Herausforderung ist die Abschätzung des Referenzszenarios, wie viele Emissionen ohne das Projekt entstanden wären. Bei Projekten zum Schutz von Wäldern ist es zum Beispiel sehr unsicher, wie sich de r Wald ohne das Projekt entwickelt hätte. Vermeidung von Doppelzählung: Doppelzählung bedeutet, dass die gleiche Emissionsminderung zwei Mal zur Erreichung von Klimazielen oder zur Kompensation angerechnet wird (Schneider et al. 2019; Schneider et al. 2015 ). Doppelzählung ist vor allem ab 2021 ein erhebliches Risiko für die freiwillige Kompensation. Denn dann greift das Pariser Übereinkommen, unter dem fast alle Länder Klimaziele haben. Wenn in einem Land Emissionsminderungen aus Klimaschutzprojekten verkau ft werden, birgt das die Gefahr, dass sich nicht nur der – oder diejenige die Minderungen anrechnet, der oder die das Kompensationszertifikat kauft, sondern auch das Land, in dem das Klimaschutzprojekt umgesetzt wird. Denn das Land kann so bei der Berichter stattung über die Erreichung seines Klimaziels niedrigere Emissionen nachweisen. Das könnte dazu führen, dass das Land dann weniger Klimaschutzanstrengungen ergreifen muss, um seine Ziele zu erreichen. Solch eine Doppelzählung kann vermieden werden, indem Länder die Minderungen aus Klimaschutzprojekten bei der Berichterstattung über die Erreichung ihrer Klimaziele unter dem Pariser Übereinkommen abziehen. Hierfür muss die Regierung des betreffenden Landes das Clean Development Mechanism (CDM) : Der CDM ist ein flexibler Mechanismus zur Erreichung von Emissionsreduktionszielen unter dem Kyoto Protokoll der Klima -rahmenkonvention UNFCCC. Unter dem CDM werden Projekte zur Emissionsreduktion in Ländern im globalen Süden ohne Reduktionsverpflichtung durchgeführt. Die durch das Projekt erzielten Emissions -einsparungen werden zertifiziert und können anschließend als —Certified Emission Reductionsfi von Industriestaaten zur Ziel -erreichung genutzt werden. Ziel des CDM ist es, Emissionen kostengünstig zu reduzieren und Länder im globalen Süden dabei zu unterstütz en, eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen.

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8/14 Andere Umweltwirkungen und soziale Aspekte: Neben der Klimaschutzwirkung ist es wichtig, dass Klimaschutzprojekte keine negativen sozialen Folgen oder Umweltwirkungen haben, sondern möglichst sogar positive Wirkungen über d en Klimaschutz hinaus. Hier kommt es vor allem auf die Art des Projektes an und wie die Kompensationsprogramme mögliche negative Folgen prüfen. So haben Projekte wie effiziente Herde zum Kochen mit Holz, die die Lebensbedingungen von ländlichen Haushalten in Entwicklungsländern verbessern, häufig einen vergleichsweise hohen sozialen Nutzen. Manche Programme wie der Gold Standard oder die Climate, Community & Biodiversity Standards von Verra etablieren spezielle Anforderungen in Hinblick auf andere Umweltwirkungen und soziale Aspekte. 4 VON DER KLIMAKOMPENSATION ZUR fiKLIMAVERANTWORTUNGfl? Einige Akteure haben ein neues Konzept als mögliche Alternative zur Kompe nsation vorgeschlagen und dies im Deutschen mit dem Betriff ” Klimaverantwortung ” beschrieben. Im Gegensatz zur Klimakompensation , bei der die verursachten Emissionen ausgeglichen werden, werden bei dem Konzept der Klimaverantwortung ein Budget bereitgestel lt, mit dem Klimaschutzinnovationen, Durchbruchstechnologien und die Transformation zu einer Null -Emissionsgesellschaft finanziert werden. Anders als bei der Kompensation orientiert sich dieses Klimaverantwortungsbudget nicht an den derzeitigen Preisen für Kompensationszertifikate, sondern an einem deutlich höheren CO2-Preis. Der höhere CO 2-Preis macht auch eigene Minderungsoptionen attraktiver, die wiederum zur Emissionsreduktion beitragen. Zur Berechnung des Klimaverantwortungsbudgets kann ein CO 2-Preis genommen werden, der eigentlich erforderlich wäre, um die Ziele des Pariser Übereinkommens zu erreichen oder um neue Technologien auf den Markt zu bringen. Die —High -Level Commission on Carbon Pricesfi – angefüh rt von Nobelpreisträger Joseph Stiglitz and Nicholas Stern – hat 2017 auf Basis eines breiten Literaturreviews empfohlen, dass ein CO 2-Preis von US$ 40-80 pro Tonne CO 2-Äquivalenten in 2020, der dann bis 2030 auf US$ 50 -100 steigt, konsistent mit dem Ziel des Pariser Abkommens ist. Umgerechnet in Euro wäre das ein Preis von etwa • 34 -68 pro Tonne CO 2-Äquivalenten in 2020 bzw. • 43 -85 pro Tonne CO 2-Äquivalenten in 2030 (HLCCP 2017) . Im Gegensatz dazu kosten Zertifikate zur Kompensation derzeit zwischen • 0,5 0 und • 23 je nach Anbieter, Kompensationsprogramm und Klimaschutzprojekt. Wie kann Klimaverantwortung in der Praxis funktionieren? Hier gibt es Ansätze unterschiedlicher Organisationen: Carbon Market Watch™s Climate and Environmental Policy Climate Focus‚ travel policy NewClimate Institut™s Climate Responsibility Approach Klimaverantwortung : Ansatz einer Organisation zum Umgang mit ihren Emissionen. Gemäß der Klimaverant -wortung wird ein Budget bereitgestellt, mit dem innovativer Klimaschutz finanziert werden soll. Anders als bei der Kompensation orientiert sich das Budget nicht an den derzeit igen Preisen für Kompensationszertifikate, sondern an einem höheren CO2-Preis, der mit den Emissionen der Organisation multipliziert wird. Klimakompensation : Bei der Klimakompensation kauft ein öffentlicher oder privater Akteur Kompensations -zertifikate in Höhe der verur -sachten Emissionen und legt diese still. Dadurch sollen die negativen Klimawirkungen der Emissionen, die z.B. durch einen Flug verursacht wurden, ausgeglichen werden.

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9/14 5 PRAKTISCHE SCHRITTE UND EMPFEHLUNGEN ZUR KLIMAKOMPENSATION UND KLIMAVERANTWORTUNG Bei der Kompensation von Flügen empfehlen wir folgende Schri tte : Schritt 1: Ist der Flug wirklich erforderlich? Ein kurzer Check. Prüfen Sie noch einmal kurz: Ist dieser Flug tatsächlich erforderlich? Gibt es Urlaubsziele, die ich ohne Flugzeug erreichen kann? Ist auch eine andere Art der Teilnahme an einem Treffen oder einer Konferenz möglich, zum Beispiel über eine Online -Meeting? Gibt es alternative Anreisemöglichkeiten, wie (Nacht -)Züge, die zeitlich und finanziell vertretbar sind? Schritt 2: Klimawirkung quantifizieren Der Flug ist erforderlich? Dann kann seine Klimawirkung durch verschiedene Rechner quantifiziert werden. Allerdings verwenden verschiedene Rechner unterschiedliche Methoden zur Berechnung der Klimawirkung. Achten Sie darauf, dass der Rechner nicht nur die CO 2-Emissionen, sondern die gesamte Klimaw irkung des Flugs berücksichtigt. Außerdem ist es wichtig, dass die Emissionen der Vorkette der Kraftstoffbereitstellung berücksichtigt werden. Hierfür können zum Beispiel die Rechner von Atmosf air , Klima -Kollekte oder PRIMAKLIMA verwendet werden. Die Berechnung der Klimawirkung von Flügen unterscheidet sich allerdings zwischen verschiedenen Anbietern und Organisationen, vor allem in Hinblick auf die Berücksichtigung der indirekten Klimaeffekte (siehe Factsheet 1) über das CO 2 hinaus: Klima -Kollekte und PRIMAKLIMA nutzen den CO 2-Rechner von Klimaktiv . Dieser verwendet für alle Flüge pauschal einen Faktor von 2,7, um die Klimawirkung der Nicht -CO2-Effekte zu berücksichtigen. Dieser Wert geht auf einen Bericht des Weltklimarates von 1999 zurüc k (IPCC 1999) . Atmosfair hat eine detaillierte eigene Methodik zur Abschätzung der Klimawirkung entwickelt. Da die Klimawirkung stark von der Flughöhe abhängt, wird die typische Flughöhe berücksichtigt, die wiederum von der Strecke des Flugs abhängt. Ab einer Höhe von 9 Kilometern wird ein Faktor von 3 angesetzt, um diese Nicht -CO2 -Effekte zu berücksichtigen. Da manche Flüge diese Flughöhe gar nicht erreichen und auc h bei den übrigen Flügen immer ein Teil der Emissionen unter 9 Kilometer ausgestoßen wird (bei Start und Landung), ergibt sich über alle Flüge weltweit gemittelt rechnerisch ein Faktor von etwa 2,7. Kurz – und Mittelstreckenflüge haben nach dieser genaueren Berechnung eine etwas geringere Klimawirkung als bei dem Rechner von Klimaktiv, Langstreckenflüge schneiden hingegen schlechter ab. Einige Organisationen, wie die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (International Civil Aviation Organization – ICAO) oder die Website Carbon Neutral Now des UN -Klimasekretariats, berücksichtigen in ihren Rechnern nur die CO 2-Emissionen und nicht die gesamte Klimawirkung des Flugs. Die Verwendung dieser Rechner wird daher nicht empfohlen. Steht der Vergleich zwischen verschie denen Verkehrsträgern im Vordergrund kann auf die Online -Tools http://ecopassenger.org für den Personenverkehr und https://www.ecotransit.org für den Güterverkehr zurückgegr iffen werden.

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10/14 Schritt 3: Klimakompensation oder “Klimaverantwortung” Entscheiden Sie sich für Klimakompensation oder Klimaverantwortung. Bei der Klimakompensation kaufen Sie im nächsten Schritt Kompensationszertifikate, mit denen die Klimawirkung Ihres Flugs ausgeglichen werden. Bei der —Klimaverantwortungfi berechnen Sie ein Klimabudget, das Sie in innovativen Klimaschutz investieren. Hierfür multiplizieren Sie die Emissionswirkung des Flugs mit einem höheren CO 2-Preis (siehe Kapitel 4 ). Schritt 4: Anbieter und Klimainvestition aussuchen Auf dem Markt für freiwillige Kompensationszertifikate werden eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Projekten von einer Vielzahl von Organisationen angeboten. Das macht eine Auswahl nicht einfach. Wi r empfehlen hier keine einzelnen Projekte oder bestimmte Anbieter, unterstützen Sie durch Hinweise und Empfehlungen aber bei der Auswahl. Grundsätzlich gibt es die folgenden Wege: 1. Kauf vom Anbieter ohne Auswahl eines Projekts: Sie kaufen Kompensationszerti fikate von einem Anbieter Ihres Vertrauens ohne dabei ein konkretes Projekt auszuwählen. In diesem Fall unterstützen sie praktisch das Projektportfolio des Anbieters. 2. Kauf von Zertifikaten aus einem bestimmten Projekt: Sie wählen auf der Website des Anbiet ers ein konkretes Klimaschutzprojekt aus. Ihr Kauf der Kompensationszertifikate finanziert dann dieses konkrete Projekt. 3. Beim Konzept der —Klimaverantwortungfi wählen Sie Initiativen mit transformierender Wirkung aus, die sie finanziell unterstützen. Diese Unterstützung kann mittel – und langfristig zu weiteren entscheidenden Durchbrüchen zu den notwendigen Transformationsprozessen führen. Empfehlungen für die Auswahl eines Anbieters Die Stiftung Warentest hat verschiedene Anbieter von Kompensationszertifikat en bewertet . 2018 gehörten Atmosfair , Klima -Kollekte und Prima Klima zu den besten Anbietern. Empfehlungen für die Auswahl eines Kompensationsstandards Welcher Kompensationsstandard genutzt wird, ist ein wicht iger Faktor für die Qualität der Kompensationszertifikate. Das Umweltbundesamt hat den Ratgeber Freiwillige CO 2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte herausgeg eben, in dem neben allgemeinen Informationen zur Kompensation auch verschiedene Programme verglichen werden (Umweltbundesamt 2018) . Aufgrund eines großen Überhangs an Zertifikaten aus dem Clean Development Mechanism (CDM), sollte dieser nur genutzt werden, wenn die Projekte entweder zusätzlich unter dem Gold Standard registriert sind oder der Weiterbetrieb laufende Einnahmen aus Kompensationszertifikaten erfordert. Nach einer Studie von NewClimate Institute und Öko -Institut gilt dies zum Beispiel für die Vermeidung von N 2O aus der Herstellung von Salpetersäure und effiziente Herde zum Kochen mit Holz (NewClimate Institute; Öko -Institut 2017) . Empfehlungen für die Auswahl eines Projekts Das Stockholm Environment Institute und das GHG Management Institute haben eine Website und einen Leitfaden für den Kauf von Kompensationszertifikaten entwickelt. Hier sind hilfreiche Hinweise rund um die Kompensation zusammengestellt, wie zum Beispiel, welche Projekte eher gemieden werden sollten. Auf der Website findet sich auch eine Tabelle , welche Arten von Projekten geringere,

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11/14 mittlere oder höhere Risiken in Hinblick auf ihre Integrität bergen (SEI und GHG Management Institute 2020) . Der Preis eines Kompensationszertifikats ist übrigens nur bedingt ein Indiz für seine Qualität, da die Kosten zur Vermeidung von Treibhausgasen sic h erheblich zwischen Projekten unterscheiden können. Bei Preisen von wenigen Euro ist allerdings Skepsis angesagt, denn für die meisten Projekttypen ist eine Zusätzlichkeit bei diesem Preisniveau unwahrscheinlich.

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