sich mit den Beschwerden von Bewohnern und Angehörigen auseinandersetzen, was häufig aber als zusätzliche Belastung erlebt wird und nur unsystematisch
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Beschwerdemanagement Beschwerdemanagement in Altenhilfeeinrichtungen (Prof. Dr. Märle Poser, Christiane Pross -Löhner) Inhaltsverzeichnis: 1.1 Einleitung 1.2 Qualitätsmanagement und Beschwerdemanagement 1.3 Begriffsdefinition Beschwerde 1.4 Ziele des Beschwerdemanagements 1.5 Kundenzufriedenheit in der Altenpflege 1.6 Prozessschritte des Beschwerdemanagements 1.6.1 Beschwerdestimmulierung 1.6.2 Beschwerdeannahme 1.6.3 Beschwerdebearbeitung/ -reaktion 1.6.4 Beschwerdeauswertung 1.6.5 Beschwerdecontrolling 1.7 Vorgehen bei der E inführung eines Beschwerdemanagements
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11.1 Einleitung Niemand von uns hört gerne Kritik oder empfängt gerne Beschwerden. Aus diesem Grund werden Beschwerden meist abgewiesen, verleugnet oder es wird sofort eine passende Gegenargumentation gesucht. Bes chwerden bedeuten, dass bestimmte Erwartungen eines Kunden nicht erfüllt werden, im privaten sowie im beruflichen Kontext. Beschwerden sind ein Indikator von Kundenunzufriedenheit. In Organisationen und Unternehmen können jedoch die in den Beschwerden enth altenen Hinweise mögliche Verbesserungen über Modernisierungs – und Reformpotentiale aufzeigen und die Unternehmen haben die Möglichkeit, kundenorientiert zu handeln. Die Kundenzufriedenheit gewinnt als unternehmerische Maxime immer mehr an Bedeutung. Ein u nzufriedener Kunde ist ein Kunde, der bald keiner mehr sein könnte. Die Gefahr, einen Kunden zu verlieren, besteht auch im Gesundheitswesen. Durch ein systematisches Beschwerdemanagement kann in Einrichtungen der Altenhilfe die Qualität der Leistungserbrin gung verbessert und damit die Kundenzufriedenheit gesteigert werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Mitarbeiter sich mit den Beschwerden von Bewohnern und Angehörigen auseinandersetzen, was häufig aber als zusätzliche Belastung erlebt wird und nu r unsystematisch erfolgt, da den Einrichtungen ein Konzept fehlt. Ein solches Konzept müsste verdeutlichen, dass Beschwerden eine wichtige Bedeutung im Zusammenhang von Veränderungsprozessen haben, aktiv zu stimulieren sind und es sollte Aussagen darüber t reffen, wie Beschwerden bearbeitet werden sollen. Im Folgenden werden die Ziele und Einflussfaktoren des Beschwerdemanagements aufgezeigt und die einzelnen Arbeitsschritte im Umgang mit Beschwerden erläutert. 1.2 Qualitätsmanagement und Beschwerdemanagement Beschwerdemanagement ist ein Instrument der Qualitätssicherung. Beschwerden geben Aufschluss darüber, in welcher Qualität die Dienstleistungen aus Sicht der Bewohner erbracht werden (Vergnaud, 2002: 37). Alle Leistungen einer Institution der Altenpflege hi nsichtlich Qualität und Qualitätssicherung sind dabei an dem Ziel orientiert, das Wohl und die Zufriedenheit der Bewohner sicher zu stellen. Was besagt aber nun Qualität? Häufig wird von —ausgezeichneter Qualitätfi oder —schlechter Qualitätfi gesprochen, um einen Gegenstand oder eine Dienstleistung zu beurteilen. So ist Qualität im allgemeinen Sprachgebrauch ein mit Wertungen verbundener Begriff. Er ist ein subjektiver Terminus und beschreibt die Erfüllung von Kundenerwartungen. Für Altenpflegeeinrichtungen b edeutet dies, ihr Leistungsangebot an den Erwartungen und Wünschen der Bewohner und ihrer Angehörigen auszurichten. Dabei ist Qualität heute schon und wird in Zukunft auch noch sehr viel stärker ein Beurteilungskriterium für Einrichtungen des Gesundheits wesens sein.
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2Qualität ist ein zentraler Begriff des Qualitätsmanagements. Dabei werden folgende Ebenen unterschieden: – die Strukturqualität; sie bezieht sich auf die materiellen und personellen Rahmenbedingungen, ( z.B. Anzahl, Qualifikation, Fortbildu ngsstand der Mitarbeiter) – die Prozessqualität; sie bedeutet die sichere Beherrschung der Arbeitsprozesse, z.B. Pflegeplanung, Dokumentation, Pflegestandard – die Ergebnisqualität; sie bezieht sich auf den Pflegezustand, das Wohlbefinden und die Zuf riedenheit der Bewohner Die auf Donabedian zurückgehende Unterscheidung macht deutlich, wie komplex Qualität ist und dass sie verschiedensten Einflüssen unterliegt. Die Qualitätsanforderungen an Einrichtungen der Altenpflege zielen auf alle drei Ebenen und werden dauerhaft steigen. Dies bezieht sich sowohl auf die wachsenden Ansprüche von Seiten der Bewohner und ihrer Angehörigen als auch auf rechtliche Vorgaben und den Wettbewerb auf dem Markt. Bei der Qualitätssicherung werden externe und interne Maßnahm en unterschieden. Ein Instrument der externen Qualitätssicherung ist beispielsweise die Mitwirkung an Qualitätskonferenzen. Als Maßnahmen der internen Qualitätssicherung sind z.B. die Einrichtung von Qualitätszirkeln, Pflegestandards, Pflegevisiten, Bewohn erbefragung etc. zu nennen. Auch das hier vorgestellte Beschwerdemanagement gehört zu den internen Instrumenten, da es u.a. ermöglicht, die Unzufriedenheiten der Kunden systematisch zu erfassen, zu überprüfen und zu bearbeiten. Es ist als fester Bestandtei l in das Qualitätsmanagement zu integrieren. Das Qualitätsmanagement ist der Oberbegriff für alle Tätigkeiten und Methoden, die zur Planung, Sicherung und Verbesserung der Qualität einer Dienstleistung gehören. 1.3. Begriffsdefinition Beschwerde Beschwe rden geben Altenpflegeeinrichtungen die Gelegenheit, Fehler als Chance zur Verbesserung zu nutzen. Sie verdeutlichen, in welcher Qualität die Leistungen aus Sicht der Bewohner erbracht werden müssen. Das Beschwerdemanagement ist so eine Möglichkeit, die Ku ndenorientierung innerhalb der Institution konsequent weiter zu entwickeln. Der Kontakt und das Gespräch mit dem Bewohner und mit seinen Angehörigen wird aktiv aufgesucht, um die dort ermittelten Defizite einem systematischen Problemlöseprozess zuzuführen. Dem Beschwerdemanagement kommt damit eine wichtige Rolle bei den ständigen Verbesserungsprozessen in Altenpflegeeinrichtungen zu (Kirchner, 2002, S. 7). Eine Beschwerde ist ein Hinweis auf einen Mangel oder Fehler bzw. ein Hinweis auf ein ent -oder best ehendes Problem. Eine Beschwerde ist immer auch eine subjektive Meinungsäußerung. Laut Stauss und Seidel sind sie —Artikulationen von Unzufriedenheiten,
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3die gegenüber dem Unternehmen oder auch Drittinstitutionen mit dem Zweck geäußert werden, auf ein subje ktiv als schädigend empfundenes Verhalten eines Anbieters aufmerksam zu machen, Wiedergutmachung für erlittene Beeinträchtigungen zu erreichen und/oder eine Änderung des kritischen Verhaltens zu bewirkenfi (Stauss und Seidel, 1998: 29). Die Beschwerde kann damit als Rückmeldung des Kunden an das Unternehmen verstanden werden , wobei der Auslöser immer die Nichterfüllung von Erwartungen des Kunden ist. Für den Adressaten bedeuten Beschwerden zunächst, etwas nicht gut gemacht zu haben. Dies kann vor allem dan n bei dem Pflegepersonal Ärger auslösen, wenn die Pflege professionell und engagiert durchgeführt wird. Hier ist zu berücksichtigen, dass hinter einer sachbezogenen Beschwerde auch Gefühle wie Einsamkeit, fehlende Aufmerksamkeit und/oder Langeweile stehen können. Eine angemessene Reaktion darauf setzt bei dem Pflegepersonal voraus, dass sie die verschiedenen Motive, die mit einer Beschwerde verbunden sind, erkennen können. Wenn Beschwerden zum Anlass für Verbesserungen genommen werden, kommt ihnen eine wich tige Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und der damit zusammenhängenden Sicherung von Arbeitsplätzen zu. Sie lenken den Blick auf Problembereiche und Fehlerquellen und helfen, die eigene Leistung zu verbessern. Ein Beschwerdemanagem ent unterscheidet sich dabei von der üblichen Beschwerdebearbeitung. Es zielt auf eine systematische Stimulierung, Erfassung und sachgerechte wie kommunikative Bearbeitung von Beschwerden ab und trägt so zur Sicherung der Qualität und zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit bei. Eine langfristige Kundenbindung wird möglich. 1.4 Ziele des Beschwerdemanagements Beschwerdemanagement umfasst die Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, welche im Zusammenhang mit Beschwerden anfallen. Nach Stauss und Seidel bestehen die Ziele des Beschwerdemanagements darin, —Kundenzufriedenheit wieder herzustellen, die negativen Auswirkungen von Kundenzufriedenheit auf das Unternehmen zu minimieren und die in Beschwerden enthaltenen Hinweise auf betriebliche Schwä chen und marktliche Chancen zu identifizieren und zu nutzenfi (Stauss und Seidel, 1998: 63). Die in den Beschwerden enthaltenen Hinweise auf Defizite bieten Anregungen für kontinuierliche Verbesserungen, mittels derer eine Konturierung des eigenen Leistungs angebotes gegenüber den Angeboten anderer Anbieter ermöglicht wird bei gleichzeitiger Kostensenkung. Die Positionierung auf dem Markt wird gefestigt. Für Unternehmen im Gesundheitswesen sind die Ziele des Beschwerdemanagements noch umfassender auszulegen . Die Zufriedenheit der Kunden ist hier durch existenzielle Erfahrungen geprägt wie z.B. Wiedergewinnung von Zuversicht und Hoffnung, Sicherheit
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4sowie Freude. Hinzu kommt, dass Bewohner eines Seniorenzentrums zu einem gewissen Grad ein Abhängigkeitsver hältnis zu dem Leistungserbringer eingehen (Kirchner, 2002: 45). Dies erschwert die Äußerung von Kritik im besonderen Maße. So werden Beschwerden von Bewohnern oder von Angehörigen häufig nur mit Vorsicht geäußert, um die Beziehung zu den betreuenden Mitar beitern nicht zu belasten (Kirchner, 2002: 32). Ein Wechsel der Bewohner in ein anderes Seniorenzentrum ist durch die stärkere Abhängigkeit nicht ohne Weiteres möglich. Neben den Bemühungen um kompetente Pflege und Versorgung ist es daher das Ziel eines B eschwerdemanagements im Gesundheitswesen, die Beziehungsqualität zwischen Pflegenden und Bewohnern in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu rücken. Die aktive Einbeziehung der Mitarbeiter bei dem Aufbau eines Beschwerdemanagements ist damit zwingende Vorau ssetzung. Ihnen muss vermittelt werden, dass Beschwerdeführer keine —Nörglerfi oder —Querulantenfi ist, sondern Menschen, die sich in einer durch Abhängigkeit geprägten Situation befinden und die spezifische Bedürfnisse, Wünsche und auch Ängste haben. Ist eine solche Versehensgrundlage geschaffen, so ist der Weg dahin bereitet, die Beschwerde eines Kunden als ein Kooperationsangebot auffassen zu können. Denn nur der Mitarbeiter und der Beschwerdeführer zusammen können Vorstellungen entwickeln, wie die Lei stungen der Institution zu optimieren sind. Dabei sollte jeder Bewohner in seinem Anliegen individuell wahrgenommen und nach großzügigen Lösungen gesucht werden. Hat ein Beschwerdeführer positive Erfahrungen mit einem Beschwerdeprozess gemacht, so wird er sich in Zukunft direkt mit seinen Problemen an die Einrichtung wenden. Der Weg über Angehörige oder Drittinstitutionen wird umgangen, was auch eine negative Mund -zu -Mund -Propaganda verhindert. Im Gegenteil: Positive Erfahrungen im Beschwerdemanagementproz ess fördern die Identifikation mit der Einrichtung und führen zu positiven Erlebnisschilderungen im sozialen Umfeld. Eine Akquisition durch die positive Mundpropaganda wird eingeleitet (Kamphuis, Kortüm 2001: 113). Gezieltes Beschwerdemanagement bedeutet d abei auch für die Mitarbeiter positive Veränderungen. Wütende, unzufriedene Bewohner und Angehörige demotivieren in der täglichen Arbeit. Die Folge ist Frustration und Resignation. Ein aktives Beschwerdemanagement führt erkennbare Veränderungen herbei und verbessert die Qualität der Arbeit. 1.5 Kundenzufriedenheit in Altenpflegeeinrichtungen Oft wird der Begriff —Bewohnerfi durch den des —Kundenfi ersetzt. Der Begriff —Kundefi ist mehr mit Selbständigkeit und Eigenständigkeit assoziiert und legt dann die Ann ahme nahe, dass der Kunde Veränderungen selbst initiieren und sich frei entscheiden kann. In Einrichtungen der Altenhilfe sind die Kunden jedoch häufig pflegebedürftig, multimorbide oder demenzkrank und können so ihrer Kundenrolle durch ihre Abhängigkeit nicht unbedingt gerecht werden. Trotzdem sind sie Leistungsempfänger, die ernst genommen und aktiv
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5einbezogen werden wollen. Deshalb sollten Mitarbeiter die Möglichkeiten des Kunden nutzen, mit ihm gemeinsam etwas zu tun und nicht einfach über ihn bestimme n (Kirchner, 2002: 11). Die Unternehmensphilosophie einer Einrichtung und das daraus resultierende Menschenbild ist entscheidend für das Verhältnis zu den Kunden. Sie beeinflusst durch die in ihr ausgedrückten Wertvorstellungen und Zielsetzung maßgeblich die Qualitätspolitik einer Einrichtung. Sagt eine Unternehmensphilosophie aus, dass die Einrichtung sich an den Bedürfnissen der Kunden orientieren will, so müssen dementsprechende Maßnahmen ergriffen werden (Vergnaud, 2002: 37). Um dies zu gewährleisten, sind die Rahmenbedingungen in der Einrichtung ebenso zu beachten wie eine adäquate Personalauswahl und -entwicklung. Obgleich in dem Beschwerdemanagement Kundenzufriedenheit eine herausragende Rolle spielt, muss dies nicht bedeuten, dass jeder Kundenwun sch erfüllt wird. Es sollte jedoch bei allen Beschäftigten gewährleistet sein, dass Kundenwünsche ernst genommen und entsprechend behandelt werden. Dabei entwickelt sich zunehmend eine neue Generation von alten Menschen, die gemeinsam mit ihren Angehörigen immer mehr der ihnen vom Gesetzgeber zugedachten Kundenrolle gerecht werden. Sie entwickeln sehr genaue Vorstellungen über ihre Erwartungen gegenüber den Pflegeeinrichtungen (Kortüm, Kamphuis 2001: 135). Die kundenorientierte Altenpflege verlangt insges amt, dass die Mitarbeiter kontinuierlich die Bedürfnisse ihrer Bewohner erfassen und analysieren. Vorausgesetzt ist dabei ein Wissen, was Kundenzufriedenheit im einzelnen ausmacht. Hier ist es hilfreich, die Arbeitsabläufe aus dem Blickwinkel des Kunden zu betrachten und sich intensiv mit den Erwartungen und Wünschen zu befassen, was auch die Kundenwünsche einschließt, die nicht erfüllt werden können. Auf Unzufriedenheiten und Beschwerden sollte der Kunde oder der Bewohner eine klare und eindeutige Reaktion erhalten. 1.6 Prozessschritte des Beschwerdemanagements Ein erfolgreiches Beschwerdemanagement lässt sich in einzelne Schritte untergliedern, die in einem Prozess dargestellt werden können. Zu diesem Ablauf gehört die Beschwerdestimulierung, die Beschwerdeann ahme und die Beschwerdebearbeitung als direkter Prozess. —Direktfi beschreibt dabei den unmittelbaren Bezug zum Beschwerdeführer und ist auf den Einzelfall bezogen. Der indirekte Prozess, dem die Beschwerdeauswertung und das Beschwerdemanagement -Controllin g zugerechnet werden, erfolgt aus der internen
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7durch Angehörige Œ kann zu einer Abwanderung vo n Kunden und damit zu wirtschaftlichem Schaden führen. Wenn in einer Einrichtung Œ aus welchen Gründen auch immer – keine Beschwerden geäußert werden, so ist es auch nicht möglich, Defizite zu identifizieren und abzustellen. Es muss daher ein Weg gefund en werden, bestehende Problemfelder in Erfahrung zu bringen. In dem Beschwerdemanagement greift hier der erste Prozessschritt der Beschwerdestimulierung. Von Beschwerdestimulierung kann dann gesprochen werden, wenn unzufriedene Bewohner dazu bewegt werde n, die von ihnen wahrgenommenen Probleme den Mitarbeitern vorzutragen. Hierbei ist es zunächst erforderlich, den Bewohnern zu verdeutlichen, dass Beschwerden erwünscht sind. Die Institution muss zeigen, dass jede Beschwerde, die auf einem subjektiven Empfi nden des Beschwerdeführers beruht, ernst genommen wird. Jeder Unzufriedenheit muss Beachtung geschenkt werden und die Mitarbeiter sollten durch ihr Verhalten signalisieren, dass Beschwerden willkommen sind. Zudem kann die Beschwerdebereitschaft der Bewohne r erhöht werden, indem Beschwerdehürden aus dem Weg geräumt werden. Es muss also leicht zugängliche Beschwerdekanäle geben, die den Bewohnern und deren Angehörigen auch bekannt sind. Dadurch signalisiert eine Einrichtung die Bereitschaft, dass sie sich für jede Unzufriedenheit interessiert und diese beseitigen möchte. Bei den Beschwerdewegen kann zwischen dem persönlichen, dem telefonischen und dem schriftlichen Weg unterschieden werden. Es sollen dem Kunden möglichst alle Beschwerdewege offen stehen. Bekan nt gemacht werden können diese Wege durch visualisierte Aufforderungen in allen Wohnbereichen wie z.B. —Beschwerden sind willkommenfi oder durch bereitgelegte Vordrucke für Beschwerden. Im pflegerischen Bereich wird der mündliche Beschwerdeweg bevorzugt. Die Bewohner stehen im direkten Kontakt mit den Mitarbeitern und können im Miteinander (z.B. während der Pflege) ihre Beschwerden vorbringen. Bei einem solchen direkten Kontakt sind die Beschwerdebarrieren besonders gering (Stauss und Seidel, 1998: 76). Allerdings setzt dies bei den Mitarbeitern voraus, dass sie sich einfühlsam und flexibel auf die Kommunikationsmöglichkeiten der Bewohner beziehen, die sehr unterschiedlich sein können. So schreiten körperlich -organische und psychovegetative Veränderungen in unterschiedlichem Maße bei älteren Menschen voran und auch die Auseinandersetzung mit den Symptomen des Alterns unterscheidet sich von Bewohner zu Bewohner in Abhängigkeit von ihrer jeweiligen Persönlichkeit und dem individuellen Erfahrungshintergrund. Je nach Ausprägung der Konzentrations – und Aufmerksamkeitsfähigkeit sowie der Möglichkeit zur Informationsverarbeitung und Œspeicherung sollten Pflegekräfte nun in dem Gespräch mit dem Bewohner durch angemessene Fragetechniken und eine angemessene Ansprac he versuchen, die Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheiten zu ermitteln. Das langsame und
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8deutliche Sprechen wird hierbei ergänzt durch das Wiederholen von Fragen mit unterschiedlichen Formulierungen sowie durch Ermunterungen und Ermutigungen, sich zu äußern. Antworten sollten dabei rückgekoppelt werden, um sicherzustellen, dass die Aussagen richtig verstanden worden sind. Je nach Ressourcen des Bewohners können im Gespräch auch Hilfsmittel wie z.B. Symbole oder Bilder verwendet werden, die ein bestimmtes Them a oder auch eine Bewertung repräsentieren. Bei Bewohnern, bei denen die Kommunikationsmöglichkeit in erheblichem Maße eingeschränkt ist Œ dies gilt insbesondere für demenziell Erkrankte Œ kann mit den Angehörigen das Gespräche gesucht werden bzw. die Angeh örigen können gebeten werden, Hilfestellungen in dem Verständigungsversuch zwischen Bewohner und Pflegekräften zu geben. Grundsätzlich ist es wichtig, genügend Zeit einzuplanen, um den Bewohnern wie auch den Angehörigen die Möglichkeit zum Nachdenken und z ur inneren Verarbeitung zu geben. Dabei sollte die Haltung der Pflegekräfte durch Empathie, Kongruenz und Akzeptanz bestimmt sein. Eine regelmäßige Ermittlung von Zufriedenheit und Unzufriedenheit einmal im Monat ist empfehlenswert, wobei neben der Qualit ät der Pflege und der Versorgung vor allem auch die Beziehung thematisch sein sollte. Neben dem direkten Gespräch sollte in jedem Fall den Bewohnern bzw. den Angehörigen auch die Möglichkeit gegeben werden, sich anonym zu beschweren. Dieses Angebot trägt dem Sachverhalt Rechnung, dass Gefühle von Unterlegenheit und Angst vor beispielsweise negativen Sanktionen auch vorhanden sein können. Anonyme Beschwerden können schriftlich über einen —Kummerkastenfi entgegengenommen oder mündlich über eine Vertrauenspers on (Heimbeirat, Seelsorger etc.), artikuliert werden. Eine schriftliche Beschwerde bedarf eines großen Engagements des Beschwerdeführers und bedeutet u.U., dass die Unzufriedenheit für ihn immens ist. Dabei kann die emotionale Bindung der Bewohner an die E inrichtung und an die Mitarbeiter eine Chance darstellen. Die Bewohner sind dann eher an einer konstruktiven Problemlösung mit ihrer Einrichtung interessiert und können so in einem aktiven Beschwerdemanagementsystem zu besonders kooperativen und motivierte n Beschwerdeführern werden (Vergnaud 2002: 21). 1.6.2 Beschwerdeannahme Nachdem sich der Beschwerdeführer entschlossen hat, eine Beschwerde mitzuteilen, ist der Schritt der Beschwerdestimulierung abgeschlossen und es beginnt die Stufe der Beschwerdeannahme. Zu der Beschwerdeannahme gehört der Erstkontakt der Institution mit dem Beschwerdeführer sowie die Erfassung des Beschwerdeinhaltes. Wichtig ist, dass für den Erstkontakt Zuständigkeiten festgelegt werden. Die Mitarbeiter müssen über die Beschwerde – und Bearb eitungswege informiert sein und auf eine Beschwerdesituation vorbereitet sein. Ein Fehler wäre, wenn Bewohner abgewiesen oder vertröstet würden, weil
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9sich der Mitarbeiter nicht zuständig fühlt. Solch eine mögliche Erstreaktion der Mitarbeiter kann bei dem Beschwerdeführer Ärger hervorrufen und die Unzufriedenheit weiter steigern. Meist haben Bewohner und ihre Angehörigen zwar Verständnis für auftretende Probleme, dieses kann jedoch in ihr Gegenteil umschlagen, wenn von Seiten der Mitarbeiter kein Interesse an der Beschwerde signalisiert wird. Bewährt hat sich das Prinzip des —Complaint Ownershipfi. Mitarbeiter, die im Erstkontakt eine Beschwerde annehmen, sind Eigentümer dieser Beschwerde. Ihnen obliegt die Weiterleitung der Beschwerde an andere kompetente Stellen zur Bearbeitung oder sie sind verantwortlich für die direkte Lösung des Problems (Stauss und Seidel, 1998: 68). Das Amt des Beschwerdeeigentümers wird wieder abgegeben, sobald das Problem gelöst ist bzw. feststeht, dass der weitere Bearbeitungsproze ss gesichert ist. Somit ist dann ein neuer —Complaint Ownerfi in Verantwortung. Beim —Complaint Ownershipfi, dem —Eigentum an der Beschwerdefi, ist jeder Mitarbeiter für die Beschwerdeannahme zuständig. Seine Reaktion auf das Problem des Beschwerdeführers bes timmt maßgeblich den weiteren Verlauf der Problemlösung. Insgesamt sollte ein kompetenter Umgang mit einem Problem die gesamte Einrichtung auszeichnen. Eine entsprechende Schulung des Personals ist daher unentbehrlich. Es müssen klare Verhaltensrichtlinie n bekannt sein und die Kommunikationsfähigkeit und Verhaltensflexibilität sollten geschult werden. Fehlt ein solches Training, so kann es bei dem direkten Kontakt zwischen Beschwerdeführer und Mitarbeiter schnell zu emotionalen Störungen kommen, in der bei de Seiten verärgert und/oder enttäuscht sind. Die Folge sind weitere Beschwerden, denn wirkliche Verärgerung entsteht oft nicht durch das eigentliche Problem, sondern durch Fehler und falsche Reaktionen in der Beschwerdeannahme (Ament -Rambow, 2002: 411). N eben einem gezielten Training der Mitarbeiter für den Prozess der Beschwerdeannahme wirken sich auch ein gutes Arbeitsklima und ein intaktes Verhältnis zwischen Führungskräften und dem Personal auf den Erstkontakt aus. Das Gefühl — am gleichen Strangfi zu z iehen, spielt dabei eine große Rolle. Zur Erfassung des Beschwerdeinhaltes müssen nun alle Informationen, die mit dem Problem zusammenhängen, gesammelt und dokumentiert werden. Ziel ist es, eine schnelle und unkomplizierte Bearbeitung des Beschwerdefalls zu erreichen. Gesichert werden kann die Problembearbeitung durch entsprechende Verfahrensanweisungen und Instrumente. Abb. 2 zeigt einen Beschwerdeerfassungsbogen, welcher von dem —Complaint Ownerfi ausgefüllt wird.
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10 Abbildung 2: Beschwerdeerfassungsbogen ( Körner, Jablonka in: Poser 2003: 23) Ein Beschwerdeerfassungsbogen sollte die Punkte Beschwerdeannahme, -bearbeitung und -auswertung beinhalten. Neben den formalen Angaben des Beschwerdeführers sollte eine de taillierte Beschreibung des Beschwerdeinhaltes inklusive Name des Beschwerdeführers, Datum, Weg der Beschwerde sowie Name des Complaint -Owner enthalten. Es folgen dann Angaben zur Beschwerdebearbeitung sowie zur Beschwerdeauswertung. 1.6.3 Beschwerdebearbeitung /-reaktion Nach der Phase der Beschwerdestimulierung und der Beschwerdeannahme beginnt der Schritt der Beschwerdebearbeitung und Œreaktion. Die Reaktion umfasst die gesamte Kommunikation mit dem Bewohner bzw. dem Angehörigen während des Prozesses, z.B. die Eingangsbestätigung und ein Zwischen – und Endbescheid (Kamphuis, Kortüm 2001: 119). Zur Beschwerdebearbeitung gehören auch interne Bearbeitungsschritte, also weitere Aktivitäten bei der jeweiligen Problembearbeitung, die für den Beschwerdeführer nicht wah rnehmbar sind. Im Gegensatz zu der Reaktion, die sich unmittelbar auf die Zufriedenheit des Bewohners auswirkt, haben die internen Bearbeitungsschritte einen mittelbaren Einfluss, z.B. über die Einhaltung zeitlicher Richtlinien etc. (Stauss und Seidel, 199 8: 145). Interne Bearbeitungsschritte optimieren den gesamten Bearbeitungsprozess und stellen sicher, dass Probleme bestmöglich weitergeleitet werden. Die Vorgehensweise der Beschwerdebearbeitung muss in jeder Institution festgelegt werden. Meist werden d abei
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