Anknüpfen, Konfrontieren, Gegenüberstellen. Strategien zur Weiterarbeit mit individuellen Vorstellungen am Beispiel relativer Häufigkeiten. Susanne Prediger.
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1 Vorversion eines Artikel s aus Praxis der Mathematik in der Schule, 53(40) im August 2011 , S. 8 -13. Aen , Konfrontieren, Gegenberstellen Strategien zu r Weiter arbeit mit individuel len Vorstellungen am Beispiel relativer H−ufigkeiten Susanne Prediger Zusammenfassung : Individuelle Vorstellungen sollen nicht nur aktiviert, sondern auch im weiteren Unterricht produktiv genutzt werden. Vor dem Hintergrund von Theorien zum Konzeptwechsel lassen sich drei zentrale Strategien zur Weiterarbeit mit Vorstellunge n ausmachen . Diese werden am Beispiel einer Unterrichtseinheit zur relativen H−ufigkeit und dem Vergleich von Brchen konkretisiert , die in sieben Klassen der Jahrgangsstufe 6 erprobt wurde. Dabei werden individuelle Wege der Vorstellung s-entwicklung sichtbar. Die Grundidee Vorstellungen von Lernenden ernst zu nehmen bedeutet, sie als Ausgangspunk te zu verstehen , auf de-nen Lernpro zesse aufbauen sollten (vgl. Duit 1993 , Prediger 2005 ). Um dies unterrichtlich umzusetzen, braucht man zum einen Strategien , um die individuelle n Vorstellungen zu aktivieren und im Unterricht hervorzulocken, zum anderen aber auch Strategien , wie diese zu den intendierten Lerninhalte n in Bez ie-hung gesetzt werden kınnen . Jung (1986) hat r die Weiterarbeit mit Vorstellungen dre i Strategien vorgeschlagen, die in diesem Beitrag Ð in leicht abgewandelter Fassung Ð an Beispiel en konkretisiert werden sollen ; ich nenne sie Anknpfen, Konfrontieren, Gegenberstellen. Unterrichtseinheit zur relative n H−ufigkeit Der Vergleich und die Gleichwertigkeit von Brchen bilden einen zentralen Lerngegenstand in der Bruchrechnung der Klasse 6. Vorstellungen zu diesen Inhalten kınnen in Rckschauperspektive zum Beispiel nach dem Prinzip des Darstellungswechsel s erhoben werde n:
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2 ãErkl−re, wieso gilt 3/4 = 6/8 und 3/4 > 2/3 , indem du passende Situation en beschreibst oder passe n-de Bilder zeichnest .Ò (vgl. Prediger 2006) Da auf eine solche Frage vor Behandlung des Themas wenig ad−quate Antworten zu erwarten sind, wird zur Erheb ung und Aktivierung von Vorstellungen in Vorschauperspektive die Aufgabenstellung umg e-kehrt: Ausgehend von Problemen in lebensweltlichen Kontexten sollen die Lernenden zun−chst indiv i-duelle Strukturierungen von Situationen aktivieren und formulieren . An diese individuellen Strukturi e-rungen soll der weitere Unterricht dann anknpfen (vgl. Einfhrungsartikel in di esem Heft). Die zentrale didaktische Herausforderung beim Design der Unterrichtseinheit besteht in der Auswahl der Situationen und der darin zu entwickelnden Mathematisierungsmuster ( bzw. Grundvorstellungen). In der hier vorzustellenden Unterrichtseinheit fiel die Wahl auf relative H−ufigkeiten, weil sie ein zen t-rales Mathematisierungsmuster zur Anteilsvorstellung darstellen. Sowohl das vorstellun gsbezogene (und sp−ter auch kalklm−§ige) Vergleichen von Brchen, als auch das Mathematisierungsmuster r ela-tive H−ufigkeit bilden somit zentrale Lerninhalte der hier vorgestellte n Unterrichtseinheit (aus Glade / Prediger / Schmidt 2012). 1 Wer hat besser geworfen: Jungen oder M−dchen? Im Sportunterricht sind die M−dchen und die Jungen in Kleingruppen gegeneinander angetreten. Das sind die Ergebnisse der Gruppen von Pia und Ole. a) Arbeite zun−chst allein: Betrachte die H−ufigkeiten in den Teams von Pia und Ole. Welche war die beste Station der M−dchen? Welche war die beste Station der Jungen? An welcher Station waren die M−dchen besser als die Jungen? b) Erkl−rt euch gegenseitig, wie ihr die Ergebnisse verglichen habt. Welche Vergleiche waren einfach? Was war an den anderen schwierig? Wie fair sind eure Vergleiche? Kasten 1: Kontextproblem zum Erfinden des V ergleich s r Anteile (relative H−u figkeit en) Kasten 2: Weiterfhrung des Kontextproblems in Richtung Anteile (relative H−ufig keit) Die zu strukturierende Situation begegnet den Kindern (auf dem Einstiegsbild, s.o.) eingebettet in den Kontext eines Gruppenwettbewerbs mit Wurfspielen. Aus dem Kontext erw−chst d ie Kernfrage, wie man die Treffer der unterschiedlich gro§en Gruppen mıglichst gut vergleichen kann. Mithilfe des Ko n-textproblems ãWer hat besser geworfen?Ò (abgedruckt in Kasten 1 und fortgesetzt in Kasten 2 ) soll fo l-2 Wie kann man fairer vergleichen? a) b) Ole vergleicht mit diesen Streifen rechts. Zu welchem Ergebnis kommt er wohl, wer beim Papierkorbball besser ist? Warum zeichnet er die beiden Streifen gleich lang? Treffer der M−dch en beim Papierkorbball Treffer der Jung en beim Papierkorbball
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3 gende Kernidee erarbeitet werden: ãUm H−ufigkeiten fair zu vergleichen, kann man sie erstens absolut oder zweitens m it Bezug zur Gesamtzahl beschreiben. Fr d en zweiten Weg sind A nteile eine gute B e-schreibung.Ò ( Diese Kernidee ist genauer erl−utert in Prediger / Glade / Schmidt 2011 .) Bewusst ist die erste Aufgabe offen gestaltet, damit sie breiten Raum l−sst fr die Aktivierung dive r-genter individueller Wege zum (mehr oder weniger) fairen Vergleich. Wie wir in insgesamt sieben Erprobungsk lassen im Rahmen des Projekts Kosima erfahren konnten, erfinden Sechstkl−sslerinnen und Sechstkl−ssler aller Schulformen zahlreiche unterschiedliche Ve r-gleichswege. Wer diese Breite einmal wahrgenommen hat, wird die Selbstverst−ndlichkeit relativieren, mit der man aus der Rckschau das Beschreibungsmittel rel ative H−ufigkeit nutzt. Die Lernwirksamkeit des Kontextproblems h−ngt dann entscheidend davon ab, wie mit den abweichenden Ideen umgegangen wird. Im Folgenden werden d ie am h−ufigsten vorkommenden Vergleichswege und die ihnen zugrunde liegenden individuellen Vorstellungen vorgestellt, um danach Strategien aufzuzeigen, mit ihnen ler n-wirksam umzugehen. Viele Wege zum Vergleich Ð Intendierte und andere individuelle Vorste llungen Die M−dchen gruppe hat 3 Treffer von 4 rfen , die Jungengruppe 5 von 10 , wer hat besser getroffen? Die Kinder aus den sieben Erprobungsklassen entwickelt en viele unterschiedliche Wege , um die Treffer dies er unterschiedlich gro§en Gruppen zu vergleichen . Die am h−ufigsten vorkommenden Wege wurden in Kasten 3 klassifiziert . Viele Kinder verglichen spontan, indem sie nur absolut auf die Trefferzahl schau ten, so wie etwa Merve in Kasten 3 . Die meisten Lernenden argumentier ten jedoch im zweiten Z ugriff wie Lilli, der schnell bewusst w urde , wie unfair ein solcher Vergleich angesichts der unterschiedlichen Treffermı g-lichkeiten w−re. Auch Carla und Joran mein ten, dass die Gesamtzahl der Wrfe einbezogen werden sollte, ohne im Einzelnen schon Ideen zu entwickeln , wie d ies quantifizierbar w−re. Joran wurde ebe n-falls dieser Gruppe zugeordnet, weil er seine Idee angesichts eines erst diffusen Begriffs von Prozenten noch nicht weiter ausfen k onnte . ƒberraschend fr viele Lehrkr−fte waren die zahlreiche n subtraktiven Vergleichswege: Ben z og den Jungen 6 Punkte ab, weil sie sechs Personen mehr sind. In seiner Vorstellung betrachtete er also alle fehlenden M−dchen als Treffer. Semra betrachtet e nur die Fehltreffer: Ein Fehltreffer ist besser als f Fehlt reffer, deswegen haben die M−dchen gewonnen. Bei beiden Vergleichswegen w−ren allerdings 3 von 4 genauso gut wie 99 von 100. So unsinnig dies zun−chst erscheinen mag, so naheliegend ist es f Fu§ballinteressierte, denn in der Bundesliga wird bei gleicher Punktzahl tats−chlich die Tor differenz betrachtet. Dabei wird ebenfalls subtraktiv verglichen, wenn auch Tore und Gegentore ; die Tordifferenz im Beispiel 99 von 100 bezıge sich also auf 99 gegen 1 und w−re demnach 98. Fr viele Kinder der Klasse 6, die noc h keine Routine im multiplikativen Denken haben, sind die subtraktiven Vergleich s-wege jedenfalls sehr naheliegend. Einige Kinder schl ugen aber auch schon Vergleichswege ein, denen eine (partiell) multiplikative Vorstellung zugrunde liegt. Denan erfasste mit seinem Weg des Hochrechnens den Kern des relativen H−ufigke itskonzepts bereits voll . Jacqueline verglich (in diesem und weiteren Texten) mit der H−lfte, sie strukturierte die Situation also r den einen (sehr bekannten) Bruch 1/2 bereits multiplikativ , dies ist ausbauf−hig in Richtung weiterer Anteile.
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4 Individuelle Wege des Vergleichs Absoluter Vergleich Merve Wer mehr Treffer hat, gewinnt . Erste Wege zum Einbezug der Gesamtzahl ohne Quantifizierung Lilli Unfair, dann h−tten die M−dchen nicht mal mit 4 Treffern gewinnen kınnen! Joran Das sind ja irgendwie mehr Prozente . Carla Subtraktive Vergleichswege Ben (Ausgleichen) Jan (Fehltreffer z−hlen) Semra (Fehltreffer z−hlen) Erste multiplikativ e Vergleichswege Paula Wer weniger Versuche hat, gewinnt. Denan (Hochrechnen ) Wer doppelt so oft wirft, muss auch doppelt so oft treffen. Jacqueline (Vergleich mit der H−lfte ) Ausdifferenzierte multiplikativ e Vergleich swege r Anteile (sp−terer Schritt im Lernprozess) Ole (Streifenbilder) Aaron (Beschreiben ber relative H−ufigkeiten) Kasten 3: Individuelle Wege des Vergleichs ( M−dchen 3 von 4 gegen Jungen 5 von 10) Paul as Weg, nur die Gruppengrı§e zu betrachten, vermag zun−chst erstaunen. Er wird aber besser verstehbar, wenn man auf ihrem Blatt sieht, dass sie sich nur mit Spielsituationen besch−ftigt hat te, in der jede Gruppe nur einen Treffer erzielte. F Stammbrhe allein ist die reine Betrachtung der G e-samtzahlen absolut zielfhrend. Die s bekr−ftig ten auch andere Kinder, die fr Stammbrche mithilfe geteilter Pizzen ihren Vergleichsweg mit Verweis au f die Grı§e der Stcke begrndeten . Nur wenige Kinder gingen gleich zu Begi nn den intendierten Weg ber das Vergleichen in Antei len . Wer Bild er zeichnet e, muss te dabei auf die entscheidende Idee kommen, die jeweils insgesamt mıgl i-chen Treffer gleich gro§ zu zeichnen, auch wenn es unterschiedlich viele waren. Diese Grundidee e r-mıglicht e, ber Zeichnung en wie Oles Streifenbild einen relativen Ver gleich anzustellen. Nur ein Kind in allen Klas sen hat te diese Idee sofort und zeichnet e Kre isbilder, die anderen g ingen zun−chst den Weg r die grunds−tzliche Einsicht, die Gesamtzahl zu berksichtigen.
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5 Oles Streifenbild w urde im weiteren Unterrichtsverlauf fr alle verbindlich eingefhrt, weil es die Idee der Becksichtigung der Gesamtzahl fachlich treffend und kindgerecht operationalisiert (vgl. Kas-ten 2 ). A m Ende der Unterrichtseinheit k onnten alle Kinder mit Hilfe der relativen H−ufigk eiten auch symbolisch vergleichen , so wie Aaron, dessen Antwort aus der Klassenarbeit in Kasten 3 abgedruckt ist. Doch wie kommt man dort hin? Und was bleibt auf der Strecke? Wie kann man mit den individuellen Vorstellungen weiter arbeiten ? In allen sieben Klassen der Erprobung wurde durch diese erste Aufgabe eine gro§e Vielfalt mıglicher individueller Vergleichswege erıffnet und in der Klasse gesammelt . Der weitere Umgang mit dieser Vielfalt war jedoch sehr unterschiedlich und enthielt insbesondere die unterschiedliche n Strategien An-knpfen, Konfrontier en und Gegenberstellen beim Nutzen von individuellen Vorstellungen , die im Kasten 4 im ƒberblick skizziert sind. I m Folgenden wird erl−utert, wie diese mit den unterschiedlichen Entwicklungs zielen Erg−nze n, Ausdifferenzieren , Verwerfen sowie kontextad−quat Aktivieren (vgl. Lengnink / Prediger / Weber in diesem Heft) korrespondieren . Kasten 4: Weiterarbeit mit Vorstellungen beim Vergleich von H−ufigkeiten Ð Entwicklungsziele (grau) und Strategien (schwarz) Anknpfen , um Aus zudifferenzieren Da fast alle Kinder ihre spontanen absoluten Betrachtu ngen (in Kasten 4 : gelbe Vorstellung ãnur auf die Treffer schauenÒ) eigen st−ndig weiter entwickelt hatten um Versuche, die Gesa mtzahl mit einzubezi e-hen (Erg−nzen oder zwischenzeitliches Verwerfen ), wurde n die absoluten Betrachtungen im Unte r-richtsgespr−ch zun−chst kaum thematisie rt. Einen lernfırderlichen Anknpfungspunkt bildeten d ie oft noch nicht quantifizierten Versuche, die Gesamtzahl einzubeziehen (in Kasten 4 : blaue Vorstellung en). Dabei lie§en sich die Lehrkr−fte ni cht verfen von den nur vordergrg tragf−higen Argumenten wie Jorans ãDas sind ja irgendwie mehr ProzenteÒ . Sie gingen nicht zu schnell zur richtigen Lısung r, sondern verweilt en bei der zentralen !”#$%&'()*+ ,*%-.*/01!2*-*+ 3/4#*5″-+6*%+7*!&8$5&1.+ &#!9.”$*%+,*%-.*/01+ 8″.(:./’&()*+,*%-.*/01!2*-*+ ,*%-.*/01+;#*%+ %*.&()*+<=">-‘*/$+ ,*%-.*/01+;#*%+ ?$%*/@*4$&@*.+ <901A+ %*014*4+ ,*%-.*/01+8/$++ BCD++++E"!-.*/01*4+ +++F*1.$%*G*%+5=1.*4+ +/%-*462/*+7*!&8$5&1.+ #*&01$*4+HI"&./$&()J+ ++4"%+&"@+6/*+K%*G*%+!01&"*4+ 3%-=45*4+ ,*%-.*/01+;#*%+ &#!9."$*+ <=">-‘*/$+ 7*-*4;#*%!$*..*4+@;%+ ’94$*L$A&6=I”&$*!+ M”$5*4+ E”!6/G* A+%*45/*%*4 +E”!6/G* A+%*45/*%*4 +E”!6/G* A+%*45/*%*4 +E”!6/G* A+%*45/*%*4 +,*%2*%@*4+ E4’4;:@*4+ N94@%94(*%*4O++ “8+5″+)*%2*%@*4+ ?$&#/./A !/*%*4 +
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6 Frage, wie man die Gesamtzahl einbeziehen kınnte und sammelten dazu gezielt Ideen, die die Kinder auf weitere Vergleichswege brachten und damit die initiale Vorstellung durch Anknpfen ausdiffere n-zieren konnten . Jacquelines Idee, mit d er H−lfte zu vergleichen (erste gne Vorstellung in Kasten 4 ), bot den Leh r-kr−ften einen Anlass, ein Streifenbild wie das von Ole zu zeichnen und so die zugrunde liegende A n-teilsv orstellung graphisch sichtbar zu machen. So konnte ihre Idee an weiteren Bei spielen anderer b e-kannter Anteile weiter ausdifferenziert werden, die stets mit der Visualisierung an der Streifentafel ve r-bunden blieben. Von da ab war der Weg zur Beschreibung in Bruchschreibweise nicht mehr weit, weil die Streifen schon graphisch an bek annte Bruchdarstellungen erinnerten . r die Entwicklung der Vo r-stellung zur relativen H−ufigkeit erforderte es einer weiteren Ausdifferenzierung, indem die Streifenbi l-der umgedeutet wurden (eine spezifische Form des Aens). Ein weiterer Entwicklung sweg hin zur relativen H−ufigkeit lief r den Vergleichsweg des Hoc h-rechnens, der sich ebenfalls zur relativen H−ufigkeit ausdifferenzieren l−sst, wenn daran angeknpft wird. Nicht ƒbergehen, sondern Konfrontieren hrt zum Verwerfen Schwieriger war der Umgang mit den abweichenden subtraktiven Vergleichswegen, die ebenfalls aus der qualitativen Idee ãGesamtzahl irgendwie beachtenÒ durch Ausdifferenzieren erwachsen waren, wenn auch in abweichender Strukturierung. In einigen Klas sen blie ben die se abweichenden subtraktiven Vergleichswege weitgehend unkommentiert neben den multiplikativ en Vergleichswege n stehen ; statt dessen wurde durch eine n Zugang wie in der (nun etwas berarbeiteten) Aufgabe in Kasten 2 direkt das Streifenbild eingefhrt . Dieses kommentarlose ƒbergehen der abweichenden Vorstellungen kann allerdings Probleme mit sich bringen, die erst sp−t auffallen : Zwar lernten diese Klassen schnell , relative H−ufigkeiten i ns Stre i-fenbild ein zutragen und damit auch abstrakte Vergleichsa ufgaben mit Brhen zu lısen . Doch sobald der Vergleichsw eg in kontextuell verankerten Vergleichsaufgaben freige stellt wurde , griffen gerade in den Klassen, die so vorgingen, immer wieder Kinder auf subtrak tive Vergleichswege zurck . S o stammt zum Bei spiel der Scan von Semra in Kasten 3 sogar noch aus der im Anschluss an die Unterrichtseinheit geschriebenen Klassenarbeit. Diese s Ph−nomen ist relativ typisch: Ohne eine explizite Thematisierung abweichender Vorstellu n-gen im Unterricht kınnen Lernende zuweilen zwar ãglatterÒ neue mathematische Konzepte und Verfa h-ren erwerben , jedoch besteht die Gefahr, dass sie lebensweltliche Situationen, in denen man sich fr die Aktivierung ein es mathematischen Konzepts wie der relativen H−ufigkeit erst entscheiden mus s, nicht ad−quat mathematisieren. Das Ph−nomen ist in didaktischen und psychologischen Theorien zum Konzeptwechsel immer wi e-der beschrieben worden: Dem Unterricht gelingt es nicht immer, das notwendige Umlernen von nicht tragf−higen individuellen Vorstell ungen zu den fachlich intendierten Vorstellungen bei allen Lernenden zu garantieren (vgl. Duit 1993). In einigen Zusammenh−ngen halten sich fachlich nicht tragf−hige Vo r-stellungen sogar mit ziemlicher Hartn−ckigkeit. Empirische Studien zum Konzeptwechsel h aben g e-zeigt, dass dies eher verhindert werden kann, wenn die abweichenden individuellen Vorstellungen im Unterricht aktiv verworfen werden, indem die Lernenden Einsicht in die Unterlegenheit ihrer mitg e-brachten Vorstellungen gewinnen. Jung (1986) wirbt da her f die Strategie des Konfrontierens . Diese Strategie des Konfrontierens wurde in anderen Klassen verfolgt. Hier wurden die subtraktiven Vergleichsstrategien explizit aufgegriffen und mit anderen Ideen konfrontiert . Dazu sind insbesondere geeignete an dere Zahlenbeispiele hilfreich, die die Problematik zuspitzen: Dass 3 von 4 und 99 von 100 irgendwie doch kein gleich gutes Ergebnis bieten, l−sst sich einfacher erfassen als beim Vergleich 5 von 10 gegen 3 von 4. Sie fhrte n bei vielen (wenn auch nicht al len) Kindern zum Verwerfen der subtrakt i-ven Strukturierungen.
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8 Was bringt das Streifenbild? Gegenberstellen von absoluter und relativer Sicht Loana (vergleicht zwei Perspektiven , wenn auch mit eigenwilliger Interpretation der relativen Sicht ) Simon (erkennt Grenze des Vergleichswegs Ausgleichen , ohne explizit relative Sicht einzunehmen ) Fabienne (begrndet , was Merves absolutem V ergleich fehlt) Tom (erkl−rt auf individuelle Weise die Relativit−t der Streifenbilder) Kasten 6: Was bringt das Streifenbild? Gegenberstellen von absoluter und relativer Sicht Fazit Erst Vorstellungen aktivieren und dann gezielt damit arbeiten, das ist die Grundbotschaft dieses gesa m-ten Heftes . In diesem Beitrag wurde an einem Beispielfeld aufgezeigt, wie die drei Strategien Ankn p-fen , Konfron tieren und Gegenberstellen dazu beitragen kınnen, ein mathematisches Konzept samt seiner Kernidee gut zu erfassen und die vielf−ltigen spontan aktivierte n Vorstellungen jeweils fokussiert weiter zu entwickeln . Eindrcklich war in der Unterrichtsbeobachtung insbesondere, wie stark die Qualit−t dieser Entwic k-lung in den Erprobungsklassen mit dem Tiefgang der Reflexion ber unterschiedliche Vorstellungen zusammenhing. Diese Erfahrung macht Mut fr weitere Versuche in andere n Themengebieten. Dank : Die meisten Scans und Unterrichtsmitschnitte haben Angelina Cerminara, Cornelia K−stner, Julia Bosseck und Dorothee Scharenberg w−hrend ihrer Masterarbeit erh oben, daf mıchte ich mich bedanken. Ebenso danke ich allen Erprob ungsklassen und ihren Lehrkr−ften f ihre Geduld mit unseren Videokameras.
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9 Literatur Duit, Reinders (1993): Schlervorstellungen Ð von Lerndefiziten zu neuen Unterrichtsans−tzen. In: Natur wissenschaft im U n-terricht – Physik 4 (16), 4 -10. Glade, Matthias / Prediger, Susanne / Schmidt, Ulla (2012): Freizeit von M−dchen und Jungen Ð Anteile vergleichen und z u-sammenfassen . E rscheint in: Prediger, Susanne / Barzel, B−rbel / Hu§mann, Stephan / Le uders, Timo (Hrsg.): Mathewer k-statt 6. Cornelsen, Berlin. Jung, Walter (1986): Alltagsvorstellungen und das Lernen von Physik und Chemie . I n: Naturwissenschaften im Unterricht Physik Chemie, 34(3), 2 -6. Lengnink, Katja / Prediger, Susanne / Weber, Chris tof (2011): Lernende abholen, wo sie stehen Ð Individuelle Vorstellungen aktivieren und nutzen . In diesem Heft. Prediger, Susanne (2005): ãAuch will ich Lernprozesse beobachten, um besser Mathematik zu verstehen.Ò Didaktische Reko n-struktion als mathemat ikdidaktischer Forschungsansatz zur Restrukturierung von Mathematik. In: mathematica didactica 28 (2), 23 -47. Prediger, Susanne (2006): Vorstellungen zum Operieren mit Brchen entwickeln und erheben. Vorschl−ge fr vorstellungsor i-entierte Zug−nge und diagn ostische Aufgaben . In: Praxis der Mathematik in der Schule 48 (11 ), 8-12. Prediger, Susanne / Glade, Matthias / Schmidt, Ulla (2011): Wozu rechnen wir mit Anteilen? Herausforderungen der Sinnsti f-tung am schwierigen Beispiel der Bruchoperationen. In: Praxis der Mathematik in der Schule 53 (37), 28 -35. Adres se der Autorin Prof. Dr. Susanne Prediger Institut fr Entwicklung und Erforschung des Mathematikunterrichts TU Dortmund prediger@ math.uni -dortmund.de
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