Thema Beschwerde- verfahren an, in der. Mediathek unter: kita.paritaet. Viele Menschen finden es unangenehm, sich zu beschweren oder.
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˜ ˜ Einleitung ˚ Beschweren erwünscht! Beschwerdeverfahren für die Kindertagesbetreuung ˛ Beteiligung und Beschwerde als Kinderrechte ˝ Beschwerden als Chance sehen ˙ Strukturelle Verankerung Œ Acht Fragen zur Einführung eines Beschwerdeverfahrens in der Kindertageseinrichtung ˜ˆ Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse ˜ˇ Umgang mit Beschwerden von Krippenkindern ˜˙ Die Beteiligung der Eltern an der Beteiligung der Kinder ˚˘ Herausforderungen für das Team ˚˜ Beteiligungs- und Beschwerderechte in Krisenzeiten ˚˛ Beschwerdemöglichkeiten sind Kinderschutz Literatur und Quellen, Linkliste ˚˝ Impressum Inhalt Partizipation und Demokratiebildung in der Kindertagesbetreuung ist ein Informations-, Fort- und Weiterbildungsangebot des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Es richtet sich an Fachkräfte der frühkindlichen Bildung, Fachberatungen, Trägervertreter, Kindertagesp˜egepersonen etc. Angeboten werden ein Blended-Learning-Portal, Arbeitshilfen, Handreichungen, Erklär-Filme und vieles mehr. Das Paritätische Angebot gehört zum Begleitprojekt —Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuungfi, einem gemeinsamen Projekt der sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtsp˜ege und Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe Œ AGJ. Mehr dazu unter: www.duvk.de
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˚˛Beschwerden sollten als selbstverständlicher Bestandteil der pädagogischen Arbeit verstanden werden. Kindern Beteiligungs -möglichkeiten einzuräumen, sollte in Kindertageseinrichtungen inzwischen zu einem anerkannten pädagogischen Standard geworden sein. Dass Beteiligung von Kindern gleichzeitig eine notwendige Voraussetzung für den Schutz von Kindern in Kinder -tageseinrichtungen ist, hat dazu geführt, intensiver darüber zu diskutieren, wie sich Partizipations- und Beschwerdemöglich -keiten besser strukturell verankern und einführen lassen. Was brauchen Kinder, damit sie sich über Dinge, die ihnen miss -fallen, zum Beispiel Erwachsene beziehungsweise andere Kinder, die sie in irgendeiner Weise verletzen, beschweren können? Wie können auch jene Kinder unterstützt werden, die ihre Beschwer -den nicht verbal äußern können? Wie kann das Machtungleich -gewicht zwischen Erwachsenen und Kindern, bei der Entwicklung und Umsetzung von Beschwerdeverfahren systematisch mit -gedacht werden? Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder in Kindertageseinrichtungen darin unterstützen, sich zu beschwe -ren? Denn damit Kinder dies tun können, müssen sie im Alltag der Einrichtung erfahren, dass sie es dürfen, dass es jemanden gibt, der ihnen hilft, und dass Kritik nicht gleich auf Ablehnung stößt. Diskriminierungssensible Beschwerdeverfahren und eine ent sprechende Alltagskultur unterstützen alle Kinder darin, ihre Rechte zu kennen und sie für sich zu nutzen. Diese Arbeitshilfe befasst sich mit den rechtlichen Grundlagen, der Auseinandersetzung mit dem Thema im Team und gibt praktische Hinweise für die Entwicklung und Einführung eines kindgerechten Beschwerdeverfahrens. Beschweren erwünscht! Beschwerdeverfahren für die Kindertagesbetreuung Schauen Sie sich auch unsere Videos zum Thema Beschwerde -verfahren an, in der Mediathek unter: www.kita.paritaet.org. Viele Menschen ˚nden es unangenehm, sich zu beschweren oder Kritik zu üben, sie erleben es als ungewohnt, eine Rückmeldung oder ein sog. Feedback zu geben. Ebenso andersherum: Wenn sich andere über das eigene Verhalten, die Arbeit oder Gegebenheiten beschweren, kann dies als verletzend oder bewertend wahr -genommen werden. Eigentlich sind derartige Informationen aber ein Geschenk: Sie sind eine Chance, etwas zu verändern und damit zumeist zu verbessern. Dies betri˛t auch Fachkräfte der Kinder -tagesbetreuung. Versetzen Sie sich in die Situation von Kindern. Für sie ist vieles oft- mals noch unbekannt und neu zu erfahren. Dabei stehen sie in einem sehr besonderen Verhältnis zu —ihrenfi Fachkräften Œ genau -so wie zu ihren Eltern und anderen Erwachsenen auch: diese haben immer Recht beziehungsweise die Macht, und mit ihnen muss das Kind kooperieren statt sie zu kritisieren. Kinder nehmen ihre Kinder tageseinrichtung meist als gegeben und unveränder -bar hin. Eine Kindertageseinrichtung hat sich jedoch fortwährend und vorrangig am Wohl der Kinder und damit an ihrer positiven Entwicklung zu orientieren. Kinder sind —Experten in eigener Sachefi und können viel zur Verbesserung ihrer —Lebens welt Kindertages -einrichtungfi bei steuern. Auch deswegen ist es so wich tig, sie zu beteiligen. Beschwerden, Kritik, Anregungen, Wünsche, Rückmel -dungen, Feedback etc. gehören zur Partizipation von Kindern. Diese Arbeitshilfe will Fachkräfte der Kindertagesbetreuung bei der Etablierung von Beschwerdeverfahren unterstützen. Die Hinweise und Fragestellungen möchten dabei helfen, ein individuelles Beschwerdeverfahren für Ihre Einrichtung zu entwickeln. Einleitung
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˝˙Kinder haben also nicht nur das Bedürfnis ihre Sichtweise kund -zutun, sie haben auch das Recht dazu. Im Zusammenhang mit den Veränderungen durch das Bundes -kinderschutzgesetz sind diese Rechte auch im Kinder- und Jugendhilfegesetz festgeschrieben worden. In § ˝˙ des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) sind die Auswirkungen dieses Rechts seit dem ˆ. Januar ˇ˘ˆˇ verankert. Die Erlangung der Betriebserlaubnis ist an die Etablierung von Beteiligungsverfahren und Beschwerdemöglichkeiten geknüpft. Demzufolge wird eine Betriebserlaubnis nur dann erteilt, wenn —zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung, sowie der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung ˚ndenfi. Damit hat der Gesetzgeber den Anspruch eindeutig for -muliert, und alle Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, auch Kindertageseinrichtungen, stehen vor der Anforderung, konzep -tionell nachzuweisen, dass und wie sie Beteiligung und Beschwer -deverfahren implementiert haben. Dies beinhaltet nicht nur die nachdrückliche Verp˜ichtung, Kinder zu beteiligen, sondern auch eine inhaltliche Konkretisierung der Partizipationsrechte. Diese rechtliche Konkretisierung der Partizipationsrechte der Kinder erfolgte durch das Bundeskinderschutzgesetz, das infolge der ö˛entlichen Debatte über Missbrauch in der Heimerziehung verabschiedet wurde. Ziel war und ist es, die körperliche, seeli -sche, psychische und verbale Gewalt gegen Kinder und Jugend -liche in pädagogischen Institutionenzu verhindern und sie vor Übergri˛en durch Erwachsene zu schützen. Sich zu beschweren, Das Recht auf Leben, das Recht auf Gesundheit, das Recht auf Bildung Œ Kinderrechte, die heute in vielen Staaten für selbst -verständlich gelten, sind in anderen noch Wunschträume. Damit die Rechte der Kinder überall auf der Welt respektiert werden, hat die internationale Staatengemeinschaft ein Übereinkommen über die Rechte des Kindes verabschiedet: die Kinderrechtskon -vention der Vereinten Nationen (UN). Die Artikel der UN-Kinder -rechtskonvention legen Versorgungs-, Schutz- und Beteiligungs -rechte für Kinder fest und geben ebenso vor, dass Kinder bei Verletzung ihrer Rechte Beschwerde einlegen können. § ˜˚ SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung (˜) Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ganz- tägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis [–] (˚) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugend- lichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn [–] zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegen- heiten Anwendung ˛nden. (˝) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem Antrag die Konzeption der Einrichtung vorzulegen [–] Beteiligung und Beschwerde als Kinderrechte
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ˆˇWenn Menschen zusammenkommen und miteinander in Bezie -hungen treten, kommt es auch zu Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichen beziehungsweise kollidierenden Interessen -lagen, sodass konstruktive Lösungen und Kompromisse gesucht und gefunden werden müssen. Diese Veränderungsbedarfe sorgen für Weiterentwicklung und bewahren die Einrichtung vor Stillstand. Das gilt in besonderem Maße für Kindertageseinrich tungen, in denen Kon˜ikte zwischen Kindern, Fachkräften und Eltern zum Alltag der Einrichtung gehören. Ein Beschwerdeverfahren in der Kindertageseinrichtung, das die Anliegen der Kinder in den Blick nimmt, greift die Äußerungen, Anregungen und Wünsche der Kinder auf und macht sie zum Thema. Die Beschäftigung aller damit führt zu einem Aushandlungsprozess zwischen Kindern und Erwachsenen. Grundlage für diesen Prozess ist eine partizipative Haltung der Fachkräfte, die Kindern das Recht zugesteht, ihre Meinung, ihre Anliegen und ihre Beschwerden zu äußern und zu vertreten. Ein bewusster Umgang mit Beschwerden geht den Weg der gelebten Partizi pation konsequent weiter. Wenn Kinder erleben, dass Beschwerden erwünscht sind, ernst genom -men und bearbeitet werden, ist diese Erfahrung für sie mit zahlrei -chen Lernchancen verbunden. Kinder erleben ihre eigene Wirksam -keit, ihre Kommunikations fähigkeit wird verbessert und soziale Kompetenzen werden gestärkt. Ernst genommene Beschwerden stärken die Selbst wirksamkeitserfahrung und das Selbstbewusst -Beschwerden als Chance sehen ist ein Recht von Kindern, das auch zu ihrem Schutz vor Macht -missbrauch von Fachkräften in pädagogischen Einrichtungen beitragen soll. Damit Kinder sich über Grenzverletzungen und Übergri˛e von Fachkräften beschweren können, muss diese Möglichkeit bekannt und vertraut werden. Dazu sind Bildungsprozesse von Kindern, aber auch Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte erforderlich. Kinder, die sich selbst -bewusst für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen und sich wert -geschätzt und wirksam fühlen, sind besser vor Gefährdungen geschützt. Damit ist die Entwicklung von Beschwerdemöglich -keiten ein wichtiger Beitrag zur Gewaltprävention und zum Schutz jedes Kindes. Beschwerden, die sich auf Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung durch Eltern, Fachkräfte oder andere Personen beziehen, erfordern über die hier beschriebenen Verfahren hinaus gehende Reaktionen, insbesondere die Vor -gehenswVIII (Schutzauftrag bei Kindeswohl -gefährdung), die hier nicht weiter ausgeführt wird. Wir empfehlen hierzu unsere Arbeitshilfe —Kinder- und Jugend -schutz in Einrichtungen. Gefährdung des Kindeswohls innerhalb von Institutionenfierlin.
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˘Beschwerdeverfahren brauchen klare und transparente Struk -turen, um als Orientierung für alle Beteiligten zu dienen. Die Erarbeitung einer solchen eigenen Struktur ist mithilfe der —Acht Leitfragen zur Einführung eines Beschwerdeverfahrens in der Kitafi von Rüdiger Hansen und Reingard Knauer vom Institut für Partizipation und Bildung möglich. Anhand dieser acht Fragen erhalten die Fachkräfte die Möglichkeit zu erörtern, wie sie die Beschwerden der Kinder wahrnehmen, aufnehmen und bearbei -ten können. Sie legen Strukturen für Gremien und Abläufe fest, verabreden Verantwortlichkeiten und beschreiben damit die Grundlage für eine verbindliche Beschwerdekultur in der Kinder -tageseinrichtung. Nachfolgend sind die acht Fragen aufgeführt, erläutert und mit konkreten Arbeitsaufgaben versehen. Damit möchten wir Sie in der Erarbeitung Ihres eigenen Beschwerdeverfahrens unterstützen. Strukturelle Verankerung Œ Acht Fragen zur Einführung eines Beschwerde- verfahrens in der Kindertageseinrichtung sein von Kindern. Sie lernen, sich mit Kritik auseinanderzusetzen, sich bei Bedarf zu entschuldigen und neben der Durch setzung ihrer eigenen Rechte ebenso die Rechte anderer Men schen zu respektieren. So lernen die Kinder allmählich, sich verantwort -lich für die eigenen Bedürfnisse und Belange einzusetzen. Dies ist ein entscheidender Aspekt des aktiven Kinderschutzes. Wenn sich Kinder beschweren, hat dies meist bedeutsame Grün -de. Kinder haben ein großes Unrechtsemp˚nden. Die Erlebnisse sind für sie meist mit großen Gefühlen verbunden. Ein guter Umgang damit ist daher die Grundlage dafür, dass nachhaltige Bildungsprozesse entstehen. Das gesetzlich geforderte Beschwerderecht für Kinder im Alltag umzusetzen, stellt pädago -gische Fachkräfte in vielen Einrichtungen vor Herausforderungen. Die Umsetzung führt in der Regel zu einem Veränderungsprozess, mit dem auch ein Umdenken in Hinblick auf die pädagogische Ausrichtung der Kindertageseinrichtungen einhergeht. Die bewusste Wahrnehmung der Beschwerden der Kinder seitens der pädagogischen Fachkräfte führt zu einem Hinterfragen von Regeln, Abläufen und bisherigen Vorgehensweisen. Die Einrich -tung wird somit zu einer sich ständig verändernden Organisation, die ihre Strukturen an den Bedürfnissen der Kinder ausrichtet. Nicht alle Wünsche der Kinder können erfüllt werden, aber der Alltag wird anhand der Beschwerden der Kinder auf den Prüf -stand gestellt. Die Aus einandersetzung mit den Beschwerden führt zur Re˜exion im Team und befördert die fachlichen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen aller Beteiligten. In der Umsetzung von Beschwerdeverfahren sind die Fachkräfte mit ihrer pädagogischen Haltung konfrontiert und erweitern und entwickeln eine fehlerfreundliche Teamkultur.
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˜˚˜˛ Arbeitsaufgabe Bitte nehmen Sie sich ˆ˙ Minuten Zeit und gehen folgender Frage nach: Was könnten Beispiele für oben beschriebene Beschwerden sein? Sammeln Sie Beispiele aus der Praxis. Wie haben Sie die Beschwerde wahrgenommen? Welches Bedürfnis steckt eventuell dahinter? Wie zeigen Kinder Beschwerden? Schreiben Sie die Ergebnisse auf Moderationskarten und stellen Sie diese nachher der ganzen Gruppe beziehungsweise dem Team vor. —Kinder haben ˆ˘˘ Sprachenfi Œ auch, um sich zu beschweren. Das gilt es wahr und ernst zu nehmen. Beschwerden sind nicht an ein Mindestalter und auch nicht an eine bestimmte sprachliche Form gebunden. Gerade bei kleinen Kindern können körpersprachliche Œ mimische und gestische Œ Äußerungen oder Zeichnungen Unzu -friedenheit im Sinne einer Beschwerde ausdrücken. Es ist davon auszugehen, dass Kinder ihre Beschwerde nur selten verbal di˛e -renziert ausdrücken. Fachkräfte sind gefordert, die vielfältigen Ausdrucksformen von Kindern achtsam, feinfühlig und wertschät -zend wahrzunehmen und gegebenenfalls als Beschwerde zu interpretieren. Die vielfältigen Unmutsäußerungen von Kindern werden erst zu einer Beschwerde, die bearbeitet werden kann, wenn sie als solche erkannt wird. Das ist nicht immer einfach! ˚. Wie bringen Kinder ihre Beschwerden zum Ausdruck?
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˜˝˜˙Das Umfeld und die Vorgehensweisen sollten an die Fähigkeiten der Kinder angepasst sein. Es sollten ausreichend Zeit und Metho -den zur Verfügung stehen, um sicherzustellen, dass Kinder vor -bereitet sind und Vertrauen und Gelegenheit haben, ihre Meinung einzubringen. Je nach Alter und Fähigkeiten der Kinder sind unterschiedliche Unterstützungsangebote und Beteiligungs -formen nötig. Arbeitsaufgabe Bitte nehmen Sie sich ˇ˘ Minuten Zeit und gehen folgender Frage in Kleingruppen nach: Welche konkreten Methoden können Sie sich in Ihrer Kinder – gruppe vorstellen, um die Kinder anzuregen, ihre Wünsche, Emotionen, Beschwerden und Anregungen auszudrücken? Bedenken Sie auch die Möglichkeiten, wie Sie und die Kinder diese visualisieren können! Halten Sie die Ergebnisse auf einem Flipchart fest und stellen sie nachher der ganzen Gruppe beziehungsweise dem Team vor. Nicht alle Kinder sind es gewohnt, Beschwerden vorzubringen. Kinder müssen erst einmal lernen, sich zu beschweren. Dies geschieht in der gelebten Praxis im Alltag der Kindertages -einrichtung. Kinder lernen sich zu beschweren, indem sie sich beschweren! Daher sollten die pädagogischen Fachkräfte die Kinder dazu anre -gen und diesen Prozess unterstützen. Kinder müssen in die Lage versetzt werden, ihr Unwohlsein zu spüren, zu benennen, zu adressieren und Abhilfe einzufordern. Pädagogische Fachkräfte können solche Bildungsprozesse von Kindern herausfordern und begleiten, wenn sie eine lebendige Partizipationskultur aufbauen, in der Kon˜ikte gern gesehen sind und es erwünscht ist, sich ein -zumischen und zu beschweren. Dazu bedarf es einer bestimmten Haltung, die Beschwerden der Kinder nicht —unquali˚ziertfi als Verletzung oder als —Petzenfi abzutun beziehungsweise zu behan -deln. Zudem müssen die Kinder um Unterstützung bei der Lösung von Kon˜iktsituationen und bei Meinungsverschiedenheiten gebeten und nicht immer gleich die Lösungen präsentiert werden. Die Möglichkeit der Beschwerde muss den Kindern im Alltag ver -traut werden. Hierzu zählen auch regelmäßige —Feedback-Rundenfi Œ wertschätzendes Feedback kann nur funktionieren, wenn es nach gemeinschaftlich vorher vereinbarten festen Regeln verläuft Œ, Zufriedenheitsabfragen oder —Blitzlichterfi im Rahmen des Morgen -kreises und die aktive Auseinandersetzung mit den Fragen: Was gefällt mir? Was mag ich nicht? Geht es mir gut? Geht es mir schlecht? ˛. Wie können Kinder dazu angeregt werden, sich zu beschweren?
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˜ˆ˜ˇ Arbeitsaufgabe Bitte nehmen Sie sich ˇ˘ Minuten Zeit und gehen folgender Frage in Kleingruppen nach: Welche konkreten Adressaten für die Beschwerden der Kinder können Sie sich für Ihre Einrichtung vorstellen? Wie können Sie die Kinder ermuntern, es weiterzusagen, wenn andere Kinder ihr Unbehagen mitteilen? Schreiben Sie Ihre Ergebnisse auf Moderationskarten, stellen sie der ganzen Gruppe beziehungsweise dem Team vor und führen diese zu einem Gesamtergebnis zusammen. Damit Kinder sich wirkungsvoll beschweren können, müssen alle im Prozess beteiligten Akteure wissen, wo und bei wem sie das tun können. Generell sollten die Kinder ihre Beschwerde überall und allen gegenüber vorbringen können. Sie benötigen ein Angebot verschiedener Beschwerdestellen, um sich wirkungsvoll zu beschweren. Beteiligungsgremien wie Kinderkonferenzen, Kin -derversammlungen oder Kinderparlamente können als Beschwer -destellen für die Themen der Kinder fungieren. Die Kindersprech -stunde bei der Leitung ist für viele Kinder gut erreichbar und als interne und übergeordnete Beschwerdestelle sinnvoll und in vie -len Einrichtungen erprobt. Hilfreich sind auch Beschwerdehelfer, also andere Kinder oder Erwachsene, die die Kinder beim Vorbringen der Beschwerde unterstützen. Häu˚g nutzen Kinder ihre eigenen Eltern zum Weiterleiten einer Beschwerde an die Fachkraft oder die Leitung. Die Eltern sollten auf jeden Fall als Beschwerdestelle in ein Beschwerdeverfahren einbezogen werden. Beschwerden, die über die Eltern herangetragen werden, müssen ebenso ein -gebunden werden. ˝. Wo/bei wem können sich Kinder in der Kindertageseinrichtung beschweren?
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˜˘ Arbeitsaufgabe Bitte nehmen Sie sich ˇ˘ Minuten Zeit und gehen folgender Frage in Zweiergruppen nach: Welche Erfahrungen haben Sie bisher mit Beschwerden von Kindern gemacht? Welche würden Sie auf jeden Fall dokumentieren, und wie können Sie sich die Dokumentation vorstellen? Schreiben Sie Ihre Ergebnisse auf Moderationskarten, stellen sie der ganzen Gruppe beziehungsweise dem Team vor und führen diese zu einem Gesamtergebnis zusammen. Angesichts des Rechts von Kindern, sich über alles zu beschweren, was sie bedrückt und der Vielzahl von Ausdrucksmöglichkeiten, die sie dafür nutzen, können pädagogische Fachkräfte alltäglich mit einer große Anzahl von Beschwerden konfrontiert sein. Es scheint kaum praktikabel, alle Beschwerden in ein förmliches Ver -fahren laufen zu lassen. Beim Aufnehmen einer Beschwerde ist es notwendig, zunächst herauszu˚nden, worum es dem Kind genau geht und welches Bedürfnis hinter seinen Äußerungen steckt. Um Beschwerden von Kindern aufzunehmen, sind vielfältige Methoden vorstellbar: Gesprächsrunden, Befragungen der Kinder, Aufstellungen und Skalierungen, Ampelabfragen, das Arbeiten mit Smileys, aber auch Beschwerdewände oder Meckerkästen. Wenn eine Beschwerde unmittelbar bearbeitet werden kann und sie zurückgewiesen oder Abhilfe gescha˛en werden kann, sollte die Beschwerde nur dokumentiert werden, wenn sie für die Zukunft bedeutsam zu sein scheint. Wenn Beschwerden von Kin -dern allerdings nicht unmittelbar bearbeitet werden können, soll -te es selbstverständlich sein, diese Beschwerden aufzunehmen und zu dokumentieren, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Diese Dokumentationen gilt es so zu visualisieren und zu verwah -ren, dass sie allen Beteiligten verständlich und zugänglich sind. ˙. Wie werden die Beschwerden von Kindern aufgenommen und dokumentiert?
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