pdf >. Braun, Friederike (2004): „Reden Frauen anders? Entwicklungen und Positionen in der linguistischen Geschlechterfor- schung.“ In: Adam,

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2Inhalt1. Zum Nachdenken ..31.1. Warum eine gendersensible Sprache? 41.2. Was ist gendersensible Sprache? ..61.3. Wie lässt sich das umsetzen? ..62. Sichtbarmachen ..72.1. Sichtbarmachen von Männern oder Frauen .72.2. Sichtbarmachen von Männern und Frauen ..82.3. Sichtbarmachen aller Geschlechter ..93. Genderneutrale Formulierungen ..103.1. Genderneutrale Personenbezeichnungen verwenden .10 114. Was, wann, wie? Ein kleiner Wegweiser durch das babylonische Sprachgewirr 125. Gendersensible Sprache für Fortgeschrittene . 145.1 Zusammengesetzte Begriffe . 14 Herausnehmbares Poster —Gendersensible Kommunikation auf einen Blickfi5.2. Pronomina Œ —werfi, —niemandfi, —jemandfi, —manfi ..195.3. Von der Syntax zur Semantik 206. Konkrete Anwendungsbereiche im universitären Alltag 216.1. Wissenschaft und Korrespondenz ..216.2. Stellenausschreibungen ..237. Englische Begriffe und Texte .248. Jenseits des geschriebenen Textes 258.1. —Das lässt sich so nicht sagen!fi Gendersensibilität in der gesprochenen Sprache 258.2. Hausfrauen und Handwerker – Geschlechtergerechtigkeit in Abbildungen 25 269. —Aber das braucht doch keiner!fi Œ Argumente und Gegenargumente ..27Endnoten 30Literaturverzeichnis ..31

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31. Zum NachdenkenIn einer Vorlesung wurden die Studierenden mit folgender Ge -schichte konfrontiert:—Ein Vater fährt mit seinem Sohn im Auto. Sie verunglü -cken. Der Vater stirbt an der Unfallstelle. Der Sohn wird schwer verletzt ins Krankenhaus eingeliefert und muss operiert werden. Ein Arzt eilt in den OP, tritt an den Ope -rationstisch heran, auf dem der Junge liegt, wird kreide-bleich und sagt: —Ich bin nicht im Stande zu operieren. Dies ist mein Sohn.fi Im ersten Moment irritierte diese Geschichte viele Zuhörende. War der verunglückte Vater nicht der leibliche Vater und der Arzt im OP erkannte seinen leiblichen Sohn? Handelt es sich um ein gleichgeschlechtliches Paar, so dass der Junge zwei Väter hat -te? Oder wurde hier einfach davon ausgegangen, dass —Arztfi ein geschlechterneutraler Begriff ist und so Mann und Frau glei -chermaßen meint? Sohn. Sie ist eben kein Arzt, sondern eine Ärztin. Denn an eine Ärztin denken leider die wenigsten, wenn sie den männlichen Begriff hören. Die Geschichte zeigt, wie sehr unsere Vorstellung und Wahrnehmung an Sprache gekoppelt sind. Geschlechtlich differenzierte Alltagssprache kann dazu beitragen, Missver -ständnisse zu verhindern.Die Universität als Arbeitgeber in

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41.1. Warum eine gendersensible Sprache?Sprache & RealitätEindeutigkeitDie Verwendung von männlichen Formen, bei denen Frauen —mitgemeintfi sind, ist weit sich hierbei um das so genannte —generische Maskulinumfi, eine verallgemeinernd ver-wendete männliche Personenbezeichnung. —Der Arztfi aus dem vorherigen Beispiel könnte demnach ein Mann oder eine Frau sein. Wenn Sie zu denjenigen gehören, die beim Lesen des Beispiels spontan an einen —Arztfi statt an eine —Ärztinfi gedacht haben, gehören Sie keinesfalls zu einer Minderheit.jedoch mitgedacht werden, zeigen sprach -wissenschaftliche und psychologische Stu -dien. Sprache bildet also nicht nur gesell -schaftliche Strukturen ab, sondern prägt auch unsere Wahrnehmung. Berufsbezeich -nungen waren bis in die 1990er Jahre hinein überwiegend maskulin und spiegelten wider, dass es in der Vergangenheit Männern vorbehalten war, diese Berufe auszuüben. Heute noch trägt Sprache dazu bei, diese Zuschreibungen aufrecht zu erhalten. Durch einen sensiblen Sprachgebrauch tragen wir aktiv zur Gleichberechtigung der Geschlechter und zu einer wertschätzenden Ansprache aller bei. Sprache bildet gesell-schaftliche Strukturen ab und ist wandelbar. Heute verwenden wir zum Beispiel selbst-verständlich den Begriff Kauffrau, um den sich in den 1970er Jahren noch große Dis-kussionen entfachten. Gendersensible Sprache trägt auch zur Ein -deutigkeit und zur Vermeidung von Miss -verständnissen bei. Generische Maskulina sind einerseits scheinbar neutral und an -dererseits zugleich männlich assoziiert. Im Personenbezeichnung handelt. Bei dem —Arztfi aus unserem Beispiel könnte es sich bei der Interpretation als generisches Mas -kulinum sowohl um einen Arzt als auch um eine Ärztin handeln. Bei einer geschlechts -ausdrücklich ein männlicher Arzt gemeint.

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5§ Rechtlicher HintergrundDie Forschungsergebnisse zu den Wech -selwirkungen von Sprache und Realität sind Mitglieder und Angehörige der Universität, die Verwaltungsaufgaben ausüben, müssen die Vorgaben des Landesgleichstellungsge -setz Nordrhein-Westfalen (LGG NRW) be -achten:Der ausschließliche Gebrauch der männ -lichen Form und das praktisch gedachte, aber wirkungslose —Mitmeinenfi von Frauen sind also gesetzlich nicht zulässig. Auch —Soweit personenbezogene Bezeichnun -gen in männlicher Form aufgeführt sind, beziehen sie sich auf beide Geschlechter in gleicher Weise.fi Für die Universität folgen daraus konkrete Vorgaben: Sämtliche Korrespondenzen, An -träge, Vordrucke, Formulare, Berichte und Ordnungen sind in gendersensibler Sprache zu gestalten. Dies schließt Internetauftritte mit ein. § 4 LGG NRW: —Gesetze und andere Rechtsvorschriften tragen sprachlich der Gleichstellung von Frauen und Männern Rechnung. In der internen wie externen dienstlichen Kom -munikation ist die sprachliche Gleichbe -handlung von Frauen und Männern zu beachten.In Vordrucken sind geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen zu verwenden. Sofern diese nicht gefunden werden kön -nen, sind die weibliche und die männliche Sprachform zu verwenden.fi

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61.2. Was ist gendersensible Sprache?1.3. Wie lässt sich das umsetzen?Gendersensible Sprache bedeutet – Eindeutigkeit: Sprache ist so zu verwenden, dass aus dem jeweiligen Text klar hervor geht, wer gemeint ist.Repräsentation: Sprachliche Formen sind zu -ter adäquat repräsentieren und durch die sich alle angesprochen fühlen.Anti-Diskriminierung: Sprache ist so ein-zusetzen, dass sie nicht diskriminierend ist. Nicht zuletzt bedeutet gendersensible Sprache, einen Beitrag zu mehr Gleichberechtigung zu leisten. Denn Geschlecht war und ist nach wie vor eine wichtige Ordnungskategorie, die Hierarchien erzeugt, an deren Auf -brechen wir aktiv mitwirken können.Es gibt unterschiedliche Herangehensweisen, gendersensible Sprache umzusetzen. Sie lassen sich grob in den zwei Strategien —Neutralisierenfi und —Sichtbarmachenfi zusammenfassen. Neutrale Formulierungen machen das Geschlecht —unsichtbarfi. Die Strategie des Sichtbarmachens dagegen zeigt die Vielfalt der Geschlechter.

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82.2. Sichtbarmachen von Männern und FrauenDass es sich um Frauen und Männer handelt, kann mittels Beidnennung, sog. —Splittingfi oder Binnen-I gezeigt werden.Beidnennung (Vollständige Paarform) Binnen-ISehr geehrte Besucher innen und Besucher meiner Vorlesung, stattSehr geehrte Besucher meiner Vorlesung, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattWissenschaftliche Mitarbeiter befristete Verträge. Die Autorin/Der Autor trägt die Verantwortung für eine fehlerfreie Textgestaltung. stattDer Autor trägt die Verantwortung für eine fehlerfreie Textgestaltung. Der/Die Dezernent/in leitet das Meeting.stattDer Dezernent leitet das Meeting.Ein/e Student/in lernt dabei, wissenschaftliche Ergebnisse überzeugend darzustellen.stattEin Student lernt dabei, wissenschaftliche Ergebnisse überzeugend darzustellen.Einige Professor/inn/en verwenden ihre Freizeit für die Forschung.stattEinige Professoren verwenden ihre Freizeit für die Forschung.Der/Die MentorIn hat die Aufgabe, eine andere Person intensiv zu betreuen.stattDer Mentor hat die Aufgabe, eine andere Person intensiv zu betreuen.Wissenschaftliche MitarbeiterInnen bearbeiten Drittmittelanträge.stattWissenschaftliche Mitarbeiter bearbeiten Drittmittelanträge.Worauf muss ein/e HerausgeberIn achten?stattWorauf muss ein Herausgeber achten?Der/Die BibliothekarIn berät die StudentInnen.stattDer Bibliothekar berät die StudentInnen.Splitting

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92.3. Sichtbarmachen aller GeschlechterDas allgemein etablierte Geschlechtersystem geht von der Existenz zweier klar bestimmbarer Geschlechter, nämlich Männern und Frauen, aus. Es ist somit binär. Die deutsche Sprache spiegelt diese Zweigeschlechtlichkeit wider, wenn zum Beispiel von Studentinnen und Studenten oder von Professorinnen und Professoren die Rede ist. Aktuelle Forschungen zu Inter- und Transsexualität belegen, dass dieses bipolare System nicht weiter haltbar ist: Heutzutage wird von einer Vielzahl geschlechtlicher Identitäten ausgegangen. Der Deutsche Ethikrat nahm 2012 auf der Grundlage dieser Erkenntnisse zum Thema Intersexualität Stellung 3 und empfahl der Bundesregierung u. a. Änderungen im Personenstandsgesetz (PStG), so dass eine dritte Geschlechtskategorie in das Geburtenregister eingetragen werden könne. Daraufhin wurde § 22 PStG um einen dritten Absatz ergänzt, welcher lautet: —Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne ein solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen.fi Wie kann nun das gesamte Spektrum der Geschlechter sprachlich abgebildet werden? Eine Möglichkeit bieten der Gender-Gap —_fi4 und das Gender-Sternchen —*fi. Gender-GapGender-SternchenDer Gender-Gap lässt sich auf Steffen Herr -mann zurückführen, der in seinem Artikel —Performing the Gap Œ Queere Gestalten und geschlechtliche Aneignungfi (2003) eine sprachliche Darstellungsform für alle Ge-schlechter schaffen will. 5 Beispiele: Student_innen Mitarbeiter_innen Rektor_innen Dezernent_innenDas Sternchen ist eine weitere sprachliche Repräsentationsform jenseits des binären Systems. Beispiele: Student*innen Mitarbeiter*innen Rektor*innen Dezernent*innen-den, dass er die Identitäten jenseits der binären Matrix als —Leerstellefi darstelle und damit ihre Existenz verneine. Befürworter_innen des Gender-Gaps sehen in der Lücke einen Freiraum für Entfaltung neuer Identitäten, also ein emanzipatorisches Symbol. Hier gibt es unseres Erachtens kein richtig und kein falsch. Der Gap ist derzeit die gebräuchlichere Schreibweise.

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103. Genderneutrale Formulierungen -barkeit eines Textes stören. Dann sind geschlechtsneutrale Formulierungen als Ausnahme sinnvoll. Wir bitten um Auskunft an die betroffene Person. stattWir bitten um Auskunft an den Betroffenen. Das stimmberechtigte Mitglied kann sein Stimmrecht nur ein -mal und persönlich ausüben.stattDer Stimmberechtigte kann sein Stimmrecht nur einmal und persönlich ausüben.Der einzelne Mensch und seine Freiheit.stattDer Einzelne und seine Freiheit.Darüber hinaus kann man Personenbezeichnungen, die im Singu – -schlechtsneutral sind. Dies geschieht mithilfe von sogenannten subs -tantivierten Partizipien oder substantivierten Adjektiven. Der Student, die Studenten Der Lehrer, die Lehrer Der Leser, die Leser Interessenten Promovend, Promovenden Ebenso lassen sich durch Pluralbildung Relativsätze vermeiden, die als Bezugswort eine Personenbezeichnung im Singular haben. Die Studierenden , die ihre Prüfung ablegen, – statt Die Studentin oder der Student, die oder der ihre oder seine Prüfung ablegt, – Es gibt Personenbezeichnungen, die sowohl im Singular als auch im Plural genderneutral sind:die Person, der Mensch, das MitgliedWeiter gibt es Personenbezeichnungen im Plural, die genderneutral sind:die Leute, die Eltern, die GeschwisterMithilfe der genderneutralen Personenbezeichnungen können ge -3.1. Genderneutrale Personenbezeichnungen verwenden Studierende (substantivierte Partizipien)LehrendeLesendeInteressierte (substantiviertes Adjektiv)Promovierende

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11 -sonenbezeichnungen zu vermeiden. Wir kommen hier immer mehr in einen Bereich der Kreativität. Vielleicht fallen Ihnen Möglichkeiten ein, die wir noch gar nicht im Kopf haben.Ableitungen auf -ung, -ion, -ium, -kraft etc. Wir suchen Personen, die kompetent in der Softwareberatung sind. statt Wir suchen kompetente Softwareberater. Die Redaktion der MitUns berichtet aus dem bunten Leben der Universität. statt Die Redakteure der MitUns berichten aus dem bunten Leben der Universität.Passivbildungen Der Antrag ist vollständig auszufüllen. statt Die Antragsteller müssen das Formular vollständig ausfüllen. Partizipien Herausgeber Interpret Wer Probleme mit dem BAföG-Amt hat, –stattDie Studentin oder der Student , die oder der Probleme mit dem BAföG-Amt hat, – Es ist nicht bekannt, wer das Werk verfasst hat. stattDer Verfasser des Buches ist unbekannt. Alle, die an der Konferenz teilnehmen, stattDie Teilnehmer der Konferenz Alle machen mal Fehler (Natürlich auch: Jede und jeder macht mal Fehler, jede_r macht mal Fehler; jede*r macht mal Fehler.) stattJeder macht mal Fehler. Herausgegeben vonInterpretiert vonACHTUNG Gender-Falle:Der Gebrauch von Pronomen ( wer, alle, niemand, jemand) ist allerdings in man-chen Fällen, zum Beispiel bei Relativsätzen, problematisch. Siehe hierzu Kapitel 5.2.Durch genderneutrale Pronomen wie zum Beispiel —werfi, —allefi, —nie – -gen ersetzen.

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