Wo / bei wem können sich Kinder in der Kindertageseinrichtung beschweren? .. 16. 5. Wie werden die Beschwerden von Kindern aufgenommen und dokumentiert?

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1Inhalt Einleitung .. 2Beschweren erwünscht! Beschwerdeverfahren für die Kindertagesbetreuung . 3Beteiligung und Beschwerde als Kinderrechte 4Beschwerden als Chance sehen .. 7Strukturelle Verankerung Œ Acht Fragen zur Einführung eines Beschwerdeverfahrens in der Kindertageseinrichtung . 91. Worüber dürfen sich Kinder in Kindertageseinrichtungen beschweren? 102. Wie bringen Kinder ihre Beschwerden zum Ausdruck? .. 123. Wie können Kinder dazu angeregt werden, sich zu beschweren? . 144. Wo / bei wem können sich Kinder in der Kindertageseinrichtung beschweren? .. 165. Wie werden die Beschwerden von Kindern aufgenommen und dokumentiert? 186. Wie werden die Beschwerden von Kindern bearbeitet? Wie wird Abhilfe gescha˜en? .. 207. Wie wird der Respekt den Kindern gegenüber im gesamten Beschwerdeverfahren zum Ausdruck gebracht? 228. Wie können sich die pädagogischen Fachkräfte dabei unterstützen eine beschwerdefreundliche Einrichtung zu entwickeln? 24Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse . 26Umgang mit Beschwerden von Krippenkindern .. 31Die Beteiligung der Eltern an der Beteiligung der Kinder .. 32Herausforderungen für das Team .. 33Literatur und Quellen .. 35Linkliste .. 35Impressum .. 37

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2EinleitungViele Menschen ˚nden es unangenehm, sich zu beschweren oder Kritik zu üben, sie erleben es als ungewohnt, eine Rück -meldung oder ein sog. Feedback zu ge -ben. Ebenso andersherum: Wenn sich andere über das eigene Verhalten, die Arbeit oder Gegebenheiten beschweren, kann dies als verletzend oder bewertend wahrgenommen werden. Eigentlich sind derartige Informationen aber ein Geschenk: Sie sind eine Chance, etwas zu verändern und damit zumeist zu ver -bessern. Dies betri˜t auch Fachkräfte der Kindertagesbetreuung. Versetzen Sie sich in die Situation von Kindern. Für sie ist vieles oftmals noch unbekannt und neu zu erfahren. Dabei stehen sie in einem sehr besonderen Ver -hältnis zu —ihrenfi Fachkräften Œ genauso wie zu ihren Eltern und anderen Erwachsenen auch: diese ha -ben immer Recht bzw. die Macht, und mit ihnen muss das Kind kooperieren statt sie zu kritisieren. Kinder nehmen ihre Kindertageseinrich -tung meist als gegeben und unveränder -bar hin, die sich jedoch fortwährend und vorrangig an ihrem Wohl und damit an ihrer positiven Entwicklung orientieren sollten. Kinder sind —Experten in eigener Sachefi und können viel zur Verbesse -rung ihrer —Lebenswelt Kindertagesein -richtungfi beisteuern. Auch deswegen ist es so wichtig sie zu beteiligen. Beschwer -den, Kritik, Anregungen, Wünsche, Rück -meldungen, Feedback etc. gehören zur Partizipation von Kindern. Diese Arbeitshilfe will Fachkräfte der Kin -dertagesbetreuung bei der Etablierung von Beschwerdeverfahren unterstüt -zen. Die Hinweise und Fragestellungen möchten dabei helfen, ein individuelles Beschwerdeverfahren für Ihre Einrich -tung zu entwickeln.

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3Beschweren erwünscht! Beschwerdeverfahren für die Kindertagesbetreuung Beschwerden sollten als selbstverständ -licher Bestandteil der pädagogischen Arbeit verstanden werden. Kindern Be -teiligungsmöglichkeiten einzuräumen, sollte in Kindertageseinrichtungen in -zwischen zu einem anerkannten päd -agogischen Standard geworden sein. Dass Beteiligung von Kindern gleichzei -tig eine notwendige Voraussetzung für den Schutz von Kindern in Kindertages -einrichtungen ist, hat dazu geführt, in -tensiver darüber zu diskutieren, wie sich Partizipations- und Be -schwerdemöglichkei -ten besser strukturell verankern und ein -führen lassen. Was brau -chen Kin -der, damit sie sich über Dinge, die ihnen missfallen, z. B. Erwachsene bzw. andere Kinder, die sie in irgendeiner Weise verletzen, beschwe -ren können? Wie können auch jene Kinder unterstützt werden, die ihre Beschwerden nicht verbal äußern können? Wie kann das Machtungleichgewicht zwischen Erwach -senen und Kindern, bei der Entwicklung und Umsetzung von Beschwerdeverfah -ren systematisch mitgedacht werden? Wie können pädagogische Fachkräfte Kinder in Kindertageseinrichtungen darin unter -stützen, sich zu beschweren? Denn damit Kinder dies tun können, müssen sie im All -tag der Einrichtung erfahren, dass sie es dürfen, dass es jemanden gibt, der ihnen hilft, und dass Kritik nicht gleich auf Ab -lehnung stößt. Diskriminierungssensible Beschwerdeverfahren und eine entspre -chende Alltagskultur unterstützen alle Kinder darin, ihre Rechte zu kennen und sie für sich zu nutzen. Diese Arbeitshilfe befasst sich mit den rechtlichen Grundlagen, der Auseinan -dersetzung mit dem Thema im Team und gibt praktische Hinweise für die Entwick -lung und Einführung eines kindgerech -ten Beschwer -deverfahrens. Schauen Sie sich auch unsere Videos zum Thema Beschwerdeverfahren an, zu ˚nden in der Mediathek unter: www.kita.paritaet.org.

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4Beteiligung und Beschwerde als Kinderrechte Das Recht auf Leben, das Recht auf Ge -sundheit, das Recht auf Bildung Œ Kin -derrechte, die heute in vielen Staaten für selbstverständlich gelten, sind in anderen noch Wunschträume. Damit die Rechte der Kinder überall auf der Welt respektiert werden, hat die internationale Staaten -gemeinschaft ein Übereinkommen über die Rechte des Kindes verabschiedet: die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN). Die Artikel der UN-Kinder -rechtskonvention legen Versorgungs-, Schutz- und Beteiligungsrechte für Kinder fest und geben ebenso vor, dass Kinder bei Verletzung ihrer Rechte Beschwerde einlegen können.Kinder haben also nicht nur das Bedürf -nis ihre Sichtweise kundzutun, sie haben auch das Recht dazu. Im Zusammenhang mit den Veränderun -gen durch das Bundeskinderschutzgesetz sind diese Rechte auch im Kinder- und Ju -gendhilfegesetz festgeschrieben worden. In § 45 des SGB VIII (Kinder- und Jugend -hilfegesetz) sind die Auswirkungen dieses Rechts seit dem 1. Januar 2012 verankert. § 45 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfegesetz) Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung (1) Der Träger einer Einrichtung, in der Kinder und Jugendliche ganz -tägig oder für einen Teil des Tages betreut werden oder Unterkunft erhalten, bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis [–] (2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Ju -gendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn [–] zur Sicherung der Rechte von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung geeignete Verfahren der Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten Anwendung ˚nden. (3) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem An -trag die Konzeption der Einrichtung vorzulegen [–]

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6Dazu sind Bildungsprozesse von Kin -dern, aber auch Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte erforderlich. Kinder, die sich selbstbewusst für ihre Rechte und Bedürfnisse einsetzen und sich wertgeschätzt und wirksam fühlen, sind besser vor Gefährdungen geschützt. Damit ist die Entwicklung von Beschwer -demöglichkeiten ein wichtiger Beitrag zur Gewaltprävention und zum Schutz jedes Kindes. Beschwerden, die sich auf Anzeichen für eine Kindeswohlgefährdung durch Eltern, Fachkräfte oder andere Personen beziehen, erfordern über die hier be -schriebenen Verfahren hinaus gehende Reaktionen, insbesondere die Vorge -hensweise nach § 8a SGB VIII (Schutz -auftrag bei Kindeswohlgefährdung), die hier nicht weiter ausgeführt wird. Wir empfehlen hierzu unsere Arbeitshilfe —Kinder- und Jugendschutz in Einrich -tungen. Gefährdung des Kindeswohls innerhalb von Institutionenfi, Neuau˛age Juli 2018, Berlin.

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7Wenn Menschen zusammenkommen und miteinander in Beziehungen treten, kommt es auch zu Meinungsverschiedenheiten und unterschiedlichen bzw. kollidierenden Interessenlagen, sodass konstruktive Lösungen und Kompromisse gesucht und gefunden werden müssen. Diese Verände -rungsbedarfe sorgen für Weiterentwick -lung und bewahren die Einrichtung vor Stillstand. Das gilt in besonderem Maße für Kindertageseinrichtungen, in denen Kon˛ikte zwischen Kindern, Fachkräften und Eltern zum Alltag der Einrichtung ge -hören. Ein Beschwerdeverfahren in der Kinder -tageseinrichtung, das die Anliegen der Kinder in den Blick nimmt, greift die Äußerungen, Anregungen und Wün -sche der Kinder auf und macht sie zum Thema. Die Beschäftigung aller damit führt zu einem Aushandlungsprozess zwischen Kindern und Erwachse -nen. Grundlage für diesen Prozess ist eine partizipative Haltung der Fachkräfte, die Kindern das Recht zugesteht, ihre Meinung, ihre Anliegen und ihre Beschwer -den zu äußern und zu vertreten. Ein bewusster Umgang mit Be -schwerden geht den Weg der gelebten Partizipation konsequent weiter. Wenn Kinder erleben, dass Beschwerden er -wünscht sind, ernst genommen und bearbeitet werden, ist diese Erfahrung für sie mit zahlreichen Lernchancen verbunden. Kinder erleben ihre eigene Wirksamkeit, ihre Kommunikations -fähigkeit wird verbessert und soziale Kompetenzen werden gestärkt. Ernst genommene Beschwerden stärken die Selbstwirksamkeitserfahrung und das Selbstbewusstsein von Kindern. Sie lernen, sich mit Kritik auseinanderzu -setzen, sich bei Bedarf zu entschuldi -gen und neben der Durchsetzung ihrer eigenen Rechte ebenso die Rechte an -derer Menschen zu respektieren. So lernen die Kinder allmählich, sich ver -antwortlich für die eigenen Bedürfnisse und Belange einzusetzen. Dies ist ein entscheidender Aspekt des aktiven Kin -derschutzes. Beschwerden als Chance sehen

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8Wenn sich Kinder be -schweren, hat dies meist bedeutsame Grün-de. Kinder haben ein großes Unrechts -emp˚nden. Die Erlebnisse sind für sie meist mit großen Gefühlen verbunden. Ein guter Umgang damit ist daher die Grundlage dafür, dass nachhaltige Bil -dungsprozesse entstehen. Das gesetzlich geforderte Beschwer -derecht für Kinder im Alltag umzuset -zen, stellt pädagogische Fachkräfte in vielen Einrichtungen vor Herausforde -rungen. Die Umsetzung führt in der Regel zu einem Veränderungsprozess, mit dem auch ein Umdenken in Hin -blick auf die pädagogische Ausrich -tung der Kindertageseinrichtungen einhergeht. Die bewusste Wahrnehmung der Beschwerden der Kinder seitens der pädagogischen Fachkräfte führt zu einem Hinterfragen von Regeln, Abläu -fen und bisherigen Vorgehensweisen. Die Einrichtung wird somit zu einer sich ständig verändernden Organisation, die ihre Strukturen an den Bedürfnissen der Kinder ausrichtet. Nicht alle Wünsche der Kinder können erfüllt werden, aber der Alltag wird anhand der Beschwerden der Kinder auf den Prüfstand gestellt. Die Auseinandersetzung mit den Beschwer -den führt zur Re˛exion im Team und be -fördert die fachlichen, kommunikativen und sozialen Kompetenzen aller Betei -ligten. In der Umsetzung von Beschwer -deverfahren sind die Fachkräfte mit ihrer pädagogischen Haltung konfrontiert und erweitern und entwickeln eine feh -lerfreundliche Teamkultur.

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9Strukturelle Verankerung Œ Acht Fragen zur Einführung eines Beschwerde- verfahrens in der Kindertageseinrichtung Beschwerdeverfahren brauchen klare und transparente Strukturen, um als Ori -entierung für alle Beteiligten zu dienen. Die Bearbeitung einer solchen eigenen Struktur ist mithilfe der —Acht Leitfragen zur Einführung eines Beschwerdever -fahrens in der Kitafi von Rüdiger Hansen und Reingard Knauer vom Institut für Partizipation und Bildung möglich. An -hand dieser acht Fragen erhalten die Fachkräfte die Möglichkeit zu erörtern, wie sie die Beschwerden der Kinder wahrnehmen, aufnehmen und bearbei -ten können. Sie legen Strukturen für Gremien und Abläufe fest, verabreden Verantwortlichkeiten und beschreiben damit die Grundlage für eine verbind -liche Beschwerdekultur in der Kinderta -geseinrichtung. Nachfolgend sind die acht Fragen auf -geführt, erläutert und mit konkreten Ar -beitsaufgaben versehen. Damit möchten wir Sie in der Erarbeitung Ihres eigenen Beschwerdeverfahrens unterstützen.

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